Vorschlag-Hammer:Asien statt Servicewüste

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Wenn etwas nicht funktioniert, sollen Service-Hotlines weiterhelfen. Blöd nur, dass es da meist keinen Service gibt

Kolumne von Oliver Hochkeppel

Angeblich leben wir ja seit geraumer Zeit in einer Dienstleistungsgesellschaft. Man merkt es nur leider nicht so recht. Früher musste man, wenn man ein Paket aufgeben wollte, auf dem Postamt zwar die Schafkopfrunde am Paketschalter aufsprengen, dann aber funktionierte das binnen zwei Minuten. Heute reiht man sich bei den wenigen übrig gebliebenen Postämtern meist noch auf der Straße in die Schlange ein, die sich hinter den zwei besetzten der sechs Schalter bildet, an denen man alles erledigen kann und muss, vom Briefmarkenkauf übers Geldabheben, von der Adressenänderung bis eben zum Aufgeben oder Abholen von Einschreiben oder Paketen.

Dass man zunehmend von einfachsten Alltagsbesorgungen gestresst und frustriert wird, liegt nicht zuletzt am zeitgeistigen Trend, Hardware durch Software zu ersetzen. Wenn etwa die Waschmaschine streikt oder der Router spinnt, kann man nicht mehr einfach irgendwohin gehen, wo direkt eine Reparatur beauftragt oder gar gleich sofort durchgeführt wird, nein, dann landet man heute unweigerlich in der Callcenter- und Hotline-Hölle - wenn man denn die Geduld hat, die Fahrstuhlmusikbrocken-Warteschleife durchzustehen. Ich hatte gerade wieder das Vergnügen, weil nach einem Blitzschlag bei meinem Nachbarn mein Festnetzanschluss nicht mehr funktionierte. Nach drei vergeblichen Versuchen, vom Hinhalte-Gedudel zu einer menschlichen Stimme vorzudringen - "derzeit ist kein Berater für Sie verfügbar, rufen Sie später noch einmal an" - ging ich zu einem Laden meines Betreibers. Man würde sich darum kümmern und sich bei mir melden, sagte man mir dort.

Ich bekam eine SMS aufs Handy mit einer Ticketnummer - und der allzu bekannten Hotline-Nummer. Wie schön, dass wenigstens bei der Kultur die Dienstleistung noch zuverlässig und einfach funktioniert. Man geht einfach hin. Und bekommt in dieser Woche sogar asiatischen, genauer vietnamesisch-mongolisch-südkoreanischen Service. Im Vereinsheim sind nämlich richtige Le-Thanh Ho-Festspiele: Die talentierte, intelligente und witzige Singer/Songwriterin, Slam-Poetin und Multiinstrumentalistin hat dort am 5. Mai einen Kurzauftritt in der Schwabinger Schaumschläger Show, ist tags darauf auch beim Blickpunkt Spot dabei und gibt am 9. Mai schließlich ein abendfüllendes Solokonzert. Am 7. Mai müsste man sich dann zwischen der in München studierenden jungen Sängerin Enji (in der Unterfahrt) oder ihrer unvergleichlichen, bereits zum Star aufgestiegenen Kollegin Youn Sun Nah (in der Muffathalle) entscheiden. Ich hab' jetzt allerdings nicht nachgeschaut, ob es jeweils noch Karten gibt. Da müssten Sie vielleicht selbst Mal bei der Ticket-Hotline anrufen. Oh je!

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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