Vorbericht:Sex and Crime mit Jennerwein

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Wo geschnapselt wird, fallen auch derbe Worte wie hier auf Münchner Kleinkunstbühne in dem Stück "Drehleier". (Foto: Dieter Schnöpf)

Die Kleinkunstbühne "Drehleier" feiert im nächsten Jahr 40-jähriges Bestehen. Zum Jubiläum gibt es schon jetzt eine "Gämsendämmerung" als Musical

Von Oliver Hochkeppel

Noch proben die Schauspieler auf der Bühne der Drehleier vor einer weißen Leinwand. Doch vom 8. Dezember an werden hinter ihnen eindrucksvolle Bleistiftzeichnungen zu sehen sein, als vom Beamer an die Wand geworfene Sets der "Gämsendämmerung - Das Bavarical". Auch ein im Unterholz der Bavaria-Studios gedrehter Film der finalen Verfolgung im Wald wird zu sehen sein. Projektionen sind aber nicht die einzige Neuerung, die Werner Winkler im Vorausgriff auf das Jubiläumsjahr zum 40-jährigen Bestehen des Theaters Drehleier präsentiert. Erstmals seit den "Varieté Spectaculum"-Zeiten hat er - zusammen mit Martin Politowski - wieder ein Stück selbst geschrieben, und zwar, wie der Titel schon andeutet, keine Revue, sondern ein ausgewachsenes Musical.

Schon in den vergangenen Jahren hatte der letzte Träger des Münchner Kabarettpreises - denn von 2016 an wird der Dieter-Hildebrandt-Preis heißen und auch Nichtmünchnern verliehen - wieder Lust auf mehr Theater. "Das Wirtshaus im Spessart" vor fünf und "Pension Schöller" vor zwei Jahren waren zwar Eigenproduktionen, aber nach berühmten Vorlagen. Dieses Mal gibt eine Legende den Rahmen vor, und wie es sich für den barocken Bayern Werner Winkler gehört, natürlich eine zutiefst bayerische: Um die Geschichte des Wildschütz Georg Jennerwein dreht sich die "Gämsendämmerung". "Da steckt ja alles drin", sagt Winkler, "Liebe, Eifersucht, Verrat, Mord, also Sex and Crime wie in Hollywood."

Zusammen mit Martin Politowski hat er nun versucht, ein Bavarical daraus zu machen, also ein Singspiel auf Bairisch. Außerdem, und darauf legt Winkler großen Wert, sei es eine Tragikomödie, also nicht nur knalliger Klamauk, sondern ein Stück mit lustigen, aber auch mit ernsten Untertönen. In dem kommt der Jennerwein, sonst gerne zum bayerischen Robin Hood und Parade-Rebellen wider die böse Obrigkeit stilisiert, nicht nur gut weg. Er ist es hier, der seinen Kriegs- und Wildererkameraden Johann Pföderl - ohnehin die eigentliche Hauptfigur - und dessen Verlobte Agerl (historisch indes wohl Jennerweins Geliebte) verrät.

All dies machte die Besetzung des Stücks nicht einfacher, brauchte man doch acht Protagonisten, die schauspielern, singen und bairisch können. Geht man nach den Proben, hat Winkler eine exzellente Mannschaft gefunden: Mit Routiniers wie Norbert Heckner (zuletzt auch im "Nackten Wahnsinn" des Lustspielhauses zu sehen) als Pfarrer, oder dem von der Iberl-Bühne und dem Volkstheater bekannten und seit Jahrzehnten mit Franz Xaver Bogner drehenden Hans Schuler als Jäger; mit den adretten und stimmgewaltigen Damen Caro Hetenyi (die viel bei den Luisenburg-Festspielen spielt und auch in "Dahoam is dahoam" zu sehen ist) als Agerl und Franziska Janetzko als Wirtstochter Rosl sowie dem inzwischen Tatort-erfahrenen Talent Leo Reisinger als Pföderl. Und auch wieder mit Werner Winklers Sohn Sebastian, inzwischen als Moderator im Bayerischen Rundfunk und Fernsehen ("die allerbeste Sebastian Winkler Show") fast bekannter als sein Vater.

Schon in der "Pension Schöller" spielte Sebastian Winkler in seiner ersten größeren Rolle nach dem Schultheater überzeugend, bei der "Gämsendämmerung" ist er jetzt eine echte Schlüsselfigur. Und das nicht nur, weil der als ehemaliger Domchorknabe auch musikalisch Versierte den Jennerwein spielt, sondern auch, weil er (neben ein paar Traditionals wie dem Kutschke-Lied aus dem Franzosenkrieg) die sieben Songtexte für das Musical geschrieben hat, von einer "Königin der Alm" bis zum ironischen "Hoch auf die Gemütlichkeit". Vertont wurden sie dann vom Theater- und Jazzkomponisten und -pianisten Michael Raab und dem Gitarristen Luis Maria Hölzl. Für die Live-Band im "Orchestergraben" brachte Raab den Bassisten und Tubisten Jürgen Richter vom gemeinsamen Projekt " Bauernepos " und Hölzl den Perkussionisten und Blasmusiker Ludwig Himpsl aus der Band Bavaschoro mit. Das Ganze wird, so viel sei verraten, am Schluss im Himmel enden. Und wenn es gut läuft, fühlen sich die Zuschauer schon vorher himmlisch unterhalten.

Gämsendämmerung - Das Bavarical , Premiere am Dienstag, 8. Dezember, 20.30 Uhr, Theater Drehleier, Rosenheimer Str. 123

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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