Vater von Asterix:"Ich bin doch nicht der Papst"

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Albert Uderzo gilt als erfolgreichster Zeichner der Welt - jetzt erhält er den Sonderpreis des Erlanger Comic-Salons.

Interview von Martin Zips

Mit vollem Namen heißt der Mann, dem man auf dem Internationalen Comic-Salon in Erlangen am 12. Juni den Max-und-Moritz-Preis für sein Lebenswerk überreichen möchte, Albert Aléandro Uderzo. Der farbenblinde Franzose ist der erfolgreichste lebende Comic-Zeichner.

Während Asterix an René Goscinny erinnert, trägt Obelix Züge von Albert Uderzo. (Foto: Foto: Les Editions Albert-René/Goscinny-Uderzo, Ehapa)

Als Sohn eines italienischen Geigenbauers wurde er 1927 geboren. Seit Anfang der Fünfziger schuf der verhinderte Schreiner mit Texter René Goscinny (er starb 1977) allerlei kuriose Bildergeschichten. "Asterix" feierte 1959 als ironische Antwort auf amerikanische Superhelden Premiere.

SZ: Herr Uderzo, sind Sie nicht gerade 77 Jahre alt geworden? Alles Gute! Vor einigen Jahren haben Sie in einem Band Asterix' Kindheit beschrieben. Wird man je erfahren, wie Asterix mit 77sein wird? Uderzo: Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Ist aber keine schlechte Idee. Andererseits ist es schon in Ordnung, dass wenigstens Comic-Helden nicht altern. Im Gegensatz zu ihren Schöpfern.

SZ: Absolut. Auf dem Comic-Salon in Erlangen wird Ihnen bald Deutschlands bedeutendster Comic-Preis verliehen. Schon mal von dem Preis gehört? Uderzo: Und ob. Eine große Ehre. Deutschland und Asterix - das ist eine schöne Liebesgeschichte. Mitte der Sechziger Jahre nämlich, als der Erfolg in Frankreich begann, sagten einige Schmalhirne: "Oh, Asterix, das ist französischer de-Gaulle-Stoff." Nach und nach ging uns dieses politische Denken ziemlich auf die Nerven, weil die Abenteuer aus den Köpfen von René Goscinny und mir ja wirklich reine Fantasie sind. Ohne politische Hintergedanken. Das freilich konnten wir erst beweisen, als auch die deutschen Leser Asterix schätzen lernten. Sie gaben den hochgestochenen Intellektuellen die beste Antwort.

SZ: Herr Uderzo, Sie sind ein ziemlich bekannter Mann, sind Mitglied bei der Académie Gauloise und Chevalier de l´Ordre National du Mérite. Sie haben viele Preise gewonnen. Asterix wurde in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Sie müssen wunschlos glücklich sein. Uderzo: Bin ich auch. Nach einer fröhlichen, aber armen Kindheit konnte ich mir nach den ersten Asterix-Erfolgen die allermeisten Wünsche erfüllen. Doch das ist nicht alles. Was ist das Leben ohne täglichen Sinn? Warum sollte man sich Morgen für Morgen aus dem Bett wälzen?

SZ: Man könnte sich an den Zeichentisch setzen und ein neues Asterix-Abenteuer pinseln. Uderzo: Ja, das könnte man. Gerade arbeite ich am 32. und 33. Album. Ich gebe mir Mühe, bald damit fertig zu sein.

SZ: Wie viele Fan-Mails bekommen Sie derzeit noch so? Uderzo: Viele, sehr viele. Und sie machen mich immer wieder froh. Vor einigen Jahren hat jemand mal die Asterix-Fanseiten im Internet gezählt. Es waren um die 500.

SZ: Sie werden im Juni den Preis in Erlangen persönlich entgegennehmen. Waren Sie schon mal in Erlangen? Uderzo: Nein, noch nie.

SZ: Kleiner Geschichtskurs: Es waren die Hugenotten, die aus der mittelalterlichen Siedlung im 17. Jahrhundert eine florierende Region gemacht haben. Uderzo: Nun, ich habe überhaupt keine französischen Wurzeln in meinem italienischen Blut. Ich bin ja erst seit meinem siebten Lebensjahr Franzose.

SZ: Gut, fragen wir Sie nach etwas Deutschem. Der Preis ist ja nach Max und Moritz benannt. Kennen Sie die Figuren von Wilhelm Busch? Uderzo: Wenn ich mich richtig erinnere, so waren Max und Moritz die Vorbilder für "Pim, Pam, Poum" in Frankreich. Viele dieser Dinger habe ich schon als Kind gelesen. Wilhelm Busch war eine Art von Pionier in einer Kunst, die in Frankreich die "Neunte" genannt wird.

SZ: Heutzutage ist die neunte Kunst nicht mehr nur Sache einiger Amerikaner und Europäer. Auch Japaner mischen sehr erfolgreich mit. Wenn Sie heute statt 77 erst 27 wären, würden Sie wieder zeichnen? Belloy, Oumpah-Pah oder andere Ihrer Helden aus der Zeit vor Asterix? Uderzo: Für einen Künstler ist das Land, in dem er lebt, ebenso entscheidend wie die Zeit, in der er lebt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich heute als 27-Jähriger wieder Comics oder Cartoons zeichnen würde. Es hat sich auch in dieser Branche viel verändert. Damals aber war das mein Traumjob. Schon in den vierziger Jahren wollte ich unbedingt ein europäischer Disney werden. Heute würde ich vielleicht eher davon träumen, in der Formel 1 mitmischen zu dürfen.

SZ: Schließlich gelten Sie ja als leidenschaftlicher Ferraristo. Wer wird einmal der neue Uderzo werden? Uderzo: Das sollen die Leser entscheiden. Ich bin doch nicht der Papst.

SZ: Lesen Sie auch heute noch gerne Comics? Uderzo: In Nîmes saß ich jahrelang in der Jury eines von mir mitentwickelten Preises. Da hatte ich einige Comics zu begutachten. Heuer mache ich das zum letzten Mal. Und dann würde ich gerne noch einmal Tim und Struppi lesen. So lange ich noch darf. Denn auf den Alben steht: "Erlaubt von sieben bis 77."

© SZ vom 5. Mai 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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