US-Medien:Dreimal goodbye

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Dan Rather, Tom Brokaw, Peter Jennings - die Nachrichtenstars des US-Fernsehens gehen.

Von Carla Palm

Für die einen ist er "der Teufel in Person", für die anderen "freakig". Dan Rather ist ein Journalist, der sein Handwerk versteht, einer, der zuweilen emotional reagiert - und dann selbst zur Nachricht wird. George Bush, der Ältere, erinnert sich: "Vier Minuten hat er mich in die Zange genommen und meine Antworten immer wieder in Frage gestellt. Es war ein gemeines Interview."

Das Live-Gespräch zwischen dem CBS-Nachrichtensprecher und dem damaligen Vizepräsidenten über die Iran-Contra-Affäre ist legendär. Auch mit Nixon und Reagan hatte Rather historische Wortgefechte.

Seine oft bewunderte und kritisierte Kampfeslust ist ihm nun zum Verhängnis geworden. Am Dienstag gab Rather überraschend den vorzeitigen Abschied von den CBS-Hauptnachrichten bekannt, die er seit 24 Jahren moderiert hat; dabei läuft der Vertrag erst 2006 aus. Doch kurz vor der Präsidentenwahl im November war der 73-Jährige ins Sperrfeuer geraten.

Im Magazin 60 Minutes, das Rather ebenfalls moderiert, hatte er Präsident George Bush, dem Jüngeren, vorgeworfen, sich vor dem Militärdienst in Vietnam auf fragwürdige Weise gedrückt und den Ersatzdienst bei der Nationalgarde ebenfalls nicht regelmäßig erfüllt zu haben. Bush war unter Druck.

Rather jedoch berief sich auf zugespielte Dokumente, die Internet-Blogger bald als Fälschungen entlarvten. Der TV-Star musste sich entschuldigen. Für jemanden, der 26 mal den Emmy, den höchsten amerikanischen Fernsehpreis, erhielt, ein journalistischer Kollateralschaden.

Die Ergebnisse einer internen Untersuchung will CBS im Dezember vorlegen. Weil der Bericht vermutlich brisant ist, öffnet der Sender seinem Top-Mann vorher ein Adventstürchen - und ermöglicht so den ehrenvollen Abschied von einer Karriere, die 1975 begann und nun "mysteriös" endet, so die New York Times.

Nicht erzwungen, sondern von langer Hand vorbereitet, steht auch beim Rivalen NBC ein Moderatorenwechsel an. Am 1. Dezember übergibt Tom Brokaw, 64, die Nightly News an Brian Williams, 45. Auch Brokaw blickt auf eine lange und bewegte Zeit zurück. Allerdings verlässt er NBC auf dem Höhepunkt der Karriere; der Sender feiert ihn am Freitag mit der zweistündigen Sondersendung Tom Brokaw - Eyewitness to History.

Überfälliger Generationenwechsel

Seine Nightly News sind Marktführer und erreichen 11,4 Millionen Zuschauer - weit dahinter liegen die ABC World News mit Peter Jennings, 66, dem letzten der "großen Drei" der US-Nachrichten. Über Jennings' Rücktritt wird schon spekuliert.

Der Generationenwechsel ist überfällig. NBC, ABC und CBS locken mit ihren News immer weniger Zuschauer. Jüngere fühlen sich bei Newskanälen besser aufgehoben - vor allem der Bush-freundliche Sender FoxNews ist der große Gewinner im Wahljahr 2004. CNN hat nun Jonathan Klein als neuen Nachrichtenchef berufen.

Die Sender sind nervös. Verliert NBC ohne Brokaw die Führungsposition? Wen holt CBS? Wurde die Rather-Nachfolge bereits den Fox-Moderatoren Brit Hume oder Shepard Smith angeboten?

Im März 2005 wird Dan Rather zum 24. Dienstjubiläum letztmalig die CBS-Hauptnachrichten moderieren. Dann ist Schluss mit den wunderbar kauzigen "Ratherismen", seinen beliebten Aphorismen. "Bush pflügt sich durch den Süden wie eine Mähmaschine durch ein Baumwollfeld", sagte er am Wahlabend. Wer macht es ihm nach?

© SZ vom 26.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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