Urteil:Selbstanzeige

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Buchhalterin des Bildhauers Fritz Koenig zu Bewährungsstrafe verurteilt

Von Sabine Reithmaier, Landshut

Die Hände ineinander verkrampft sitzt Renate S. (Name geändert) zwei Stunden fast regungslos neben ihrem Anwalt, starrt meist ins Leere. Auch auf das milde Urteil reagiert sie kaum: zehn Monate auf Bewährung dafür, dass sie ihren Chef, den Bildhauer Fritz Koenig, von 2010 bis zu seinem Tod 2017 dabei unterstützt hat, den sieben Angestellten am Ganslberg höhere Löhne zu zahlen, als gemeldet und abgerechnet wurden. Beihilfe zur Veruntreuung von Arbeitsentgelt nennt sich das; für die 171 000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen, die nicht abgeführt wurden, haftet jetzt die Koenig-Stiftung.

Renate S. hat, als sie die Folgen ihres Tuns erkannte, einen Selbstmordversuch unternommen. Doch nicht diesem ist das milde Urteil geschuldet, sondern dem Umstand, dass sie sich, wie es der Staatsanwalt formulierte, "selbst ans Messer" lieferte und, nach einer Rücksprache mit Reinhard Sax und Oberbürgermeister Alexander Putz, also mit Geschäftsführer und Vorsitzenden der Koenig-Stiftung, Selbstanzeige erstattete. Auch wenn sie das erst tat, so der Richter, als die Presse von "Unstimmigkeiten" innerhalb der Stiftung und dem Einschalten eines Wirtschaftsprüfers berichtete. Sax, seines Zeichens auch Testamentsvollstrecker des Bildhauers, bestätigte dies. "Als der OB von der Sache erfuhr, hat er die Selbstanzeige beauftragt."

Seit 1990 war die Steuerfachangestellte bei Fritz Koenig als Buchhalterin beschäftigt, eine aus dem "Hofstaat" des Bildhauers (Staatsanwalt). Aber eben diejenige, die nach dem Tod Maria Koenigs im Jahr 2010 ein etabliertes System weiterführte. "Das war eben Usus auf dem Ganslberg", sagt sie zum Richter und beschreibt den Künstler als "sehr, sehr schwierige Person", die auf entsprechende Vorhaltungen ihrerseits grob reagiert habe. Er könne mit seinem Geld machen, was er wolle, zitiert sie ihn. "Ich hatte eine gewisse Angst vor ihm." Die Frage des Staatsanwalts, warum sie sich dann keinen anderen Job gesucht hätte, beantwortet ihr Verteidiger: aus falsch verstandener Solidarität den anderen Mitarbeitern und Koenig gegenüber, für ihn ein "Alleinherrscher, der den schnöden Mammon über die Moral stellte".

Warum das "System Koenig" bis zum Schluss funktionierte - schließlich stand der Bildhauer während der letzten Lebensmonate unter Betreuung -, sprach der Richter zwar kurz an, thematisierte es aber nicht weiter. Die Stiftung könne nichts dafür, betonte Sax. "Der Täter ist im Grabe." Die Modalitäten der Zahlung würden derzeit verhandelt. Der Richter zeigte sich zuversichtlich, dass die Stiftung die hohe Belastung bewältigen wird. "Sonst ist sie halt perdu."

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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