Travolta-Film:Die netten Bikerjungs

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John Travolta und Tim Allen sind keine Easy-Rider-Typen, sondern die netten Biker von neben an. Ihr Film "Born to be wild" ist eine liebenswerte Komödie - und das ist das Problem.

Doris Kuhn

Motorradrocker, das weiß man, wenn man ein bisschen über die Hell's Angels gelesen hat oder sich früher in den deutschen Vorstädten umsah, Motorradrocker sind nicht älter als dreißig. Andernfalls werden sie ihrem Ruf nicht mehr gerecht, denn sie verfallen der Sentimentalität oder enden als Poser. Aber da es beides kaum mehr gibt, Bikergangs wie Vorstadtrocker, ist diese Regel in Vergessenheit geraten. Beide Gruppen sind jetzt ersetzt durch ältere Herren, die am Wochenende auf eine gewienerte Harley klettern und Spazierfahrten machen. Ungefähr davon handelt Walt Beckers Film "Born to be wild - Saumäßig unterwegs".

Hier haben vier befreundete Herren Probleme mit mittelständischen Berufen, mittlerem Alter und dem generellen Mittelmaß ihres Lebens, und um dem zu entkommen, erinnern sie sich an ihre Motorräder und daran, frei geboren zu sein. Diese vier werden verkörpert von Tim Allen, John Travolta, William H. Macy und Martin Lawrence, die sich große Mühe geben, den Film zu einer liebenswerten Komödie zu machen. Wenn jedoch eine Komödie etwas tunlichst vermeiden sollte, dann ist es die Verbindung mit dem Wort liebenswert. Intelligent, böse, hoffnungslos, entlarvend, all das jederzeit, aber bei liebenswert ahnt man, was sich auf der Leinwand anbahnt: Humoriges Elend, nett herausgeputzt.

Aus Dummheit lässt sich kein gutes Kino machen

tDie vier Herren beschließen also, für eine Weile ihren Alltag hinter sich zu lassen, in dem Sex keine Rolle mehr spielt und Selbstachtung auch nicht. Sie gehen auf eine Überlandfahrt mit dem Motorrad, und dort kollidiert erwartungsgemäß der Traum von der Freiheit mit der Realität der Straße. Das führt zu allerlei lustigen Momenten, aber das Lachen ist eher schmerzhaft. Denn alles Wilde, was ihnen vor Jahren vielleicht zu eigen war, ist längst verloren. Das lernen die vier nur mühsam, der Zuschauer allerdings merkt es recht schnell, weil er sie hauptsächlich dumm, ängstlich und verzweifelt erlebt. Wobei sich aus Angst und Verzweiflung immer gutes Kino machen lässt, aus Dummheit jedoch nicht.

Die Freizeitrocker werfen Handys und Navigationsgeräte weg, das geht noch. Sie fallen gelegentlich mit dem Motorrad um, das geht schon weniger. Sie lassen sich voll Gottvertrauen mit einer wilden Bikergang ein, das geht auf keinen Fall. Es kommt zu einem mittleren Straßenkrieg, der kein gutes Ende nimmt, jedenfalls vorläufig nicht. Wobei man beruhigt sein kann, bei Filmen wie "Born to be wild" wird immer das Gute siegen.

Aber wenn man die Rockerfilme der Siebziger gesehen hat, und wenn man den Mythos des Outlaws lieben gelernt hat, dann will man gar nicht, dass die ungezügelten, irren, an der Gesellschaft vorbeilebenden Biker von vier wertkonservativen Nerds in die Schranken gewiesen werden. Dann will man den Sieg des Bösen, angeführt vom Rocker Ray Liotta, durchs Bild getragen vom fernen Grollen der Motoren. Statt dessen taucht Peter Fonda auf, ehemals bekannt als Easy Rider auf der Suche nach Amerika, und schickt die finstere Bikergang davon, auf dass sie sich ein neues Clubhaus von einem Fernsehsender sponsern lasse. Der Mann hat Amerika inzwischen offensichtlich gefunden.

WILD HOGS, USA 2007 - Regie: Walt Becker. Buch: Brad Copeland. Mit: Tim Allen, John Travolta, Martin Lawrence, William H. Macy, Ray Liotta, Marisa Tomei. Buena Vista, 100 Minuten.

© SZ vom 20.4.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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