Tippi Hedren zum 80.:Ein Hauch von Frost

Alfred Hitchcocks Lieblingsblondine Tippi Hedren wird 80 Jahre alt. Bilder einer Ramponierten.

Fritz Göttler

1 / 6
(Foto: N/A)

Alfred Hitchcocks Lieblingsblondine Tippi Hedren wird 80 Jahre alt. Bilder einer Ramponierten.Sie ist eine der kostbarsten Preziosen der Kinogeschichte. Ein Kunstobjekt, gefertigt von Alfred Hitchcock. In den Fünfzigern war das Girl aus New Ulm, Minnesota, in New York ein recht erfolgreiches Model geworden. Dann sah Hitchcock sie in einem ihrer Rejkamespots und sagte "Da schau hin, das ist Melanie!" zu seinem Drehbuchautor Evan Hunter, der gerade am Script für den neuen Film "Die Vögel" arbeitete. Hitchcock nahm das Girl unter persönlichen Vertrag und setzte auf den Plakaten ihren Vornamen in Anführungszeichen: "Tippi" Hedren.Sean Connery und Tippi Hedren in dem Hitchcock-Film "Marnie" von 1964/Foto: dpa

2 / 6
(Foto: N/A)

Melanie Daniels, das ist, wie wohl bekannt, die Blondine in Hitchcocks "Die Vögel". Eine verwöhnte, kapriziöse, wahnsinnig coole Anfangsdreißigern, die mit ihrem Herrn und Meister hinter der Kamera eine Vorliebe für practical jokes teilt, für jenen Schabernack, mit dem sie den anderen spielerisch ihre Dominanz demonstriert. Gleich zu Beginn gibt sie sich Rod Taylor in einer Tierhandlung in San Francisco als Verkäuferin aus, danach fährt sie ihm nach bis in sein Heimatkaff an der Küste, Bodega Bay, um die Vögel, die er kaufen wollte, ihm nachzubringen: zwei Lovebirds!1963: Tippi Hedren in Hitchcocks "Die Vögel"/Foto: MPTV/dfd-images.com

3 / 6
(Foto: N/A)

In Bodega Bay wird die selbstsichere Melanie Daniels, angesichts unfasslicher Attacken aggressiver Vogelschwärme, selbst zum schutzbedürftigen Geschöpf, zum Vogel in ihrem privaten Käfig. Klar, hatte Hitchcock ihr zu Beginn der Dreharbeiten bedeutet, die Vogelangriffe werden alle mit Tricks und ausgestopften Viechern gemacht, aber keiner im Team hat das ernsthaft geglaubt, bis auf Tippi.Tippi Hedren in "Die Vögel" (The Birds, USA 1963, Regie: Alfred Hitchcock)/Foto: Cinetext

4 / 6
(Foto: N/A)

Das klare Objekt seiner Begierde schikanieren und malträtieren, um es danach umso nachhaltiger protegieren und bewahren zu können, das ist die Formel für Hitchcocks berüchtigten Umgang in seinen Filmen mit seinen blonden Frauen, und in Tippi Hedren hat er, nach Grace Kelly, Vera Miles und Kim Novak, sein schönstes Opfer gefunden. Es ist auch eine Formel für die Neurose der Moderne - die Fähigkeit zur Neurose, hat Freud lakonisch und ein wenig zögerlich gesagt, unterscheide den Menschen vom Tier, sie sei die Voraussetzung für seine sonstige kulturelle Befähigung.Noch stärker ramponiert wurde Tippi Hedren als Marnie, mit der Hitchcock sie endgültig zum Star machen wollte. Marnie, die Frigide, Lügnerin, Betrügerin, Diebin, Männerhasserin, Pferdeliebhaberin, sie wird von Sean Connery entlarvt, zur Ehe gezwungen - eine Vergewaltigungsszene hat Hitchcock schließlich doch wieder rausgestrichen - und zur Selbstanalyse gezwungen.1999: Tippi Hedren neben einer Bronzestatue in den Universal Studios in Los Angeles, Kalifornien/Foto: dpa

5 / 6
(Foto: N/A)

Sie bleibt am Boden zerstört zurück, nicht wirklich geheilt, und auch der Film ist am Ende in Trümmern. Weil Hedren ihre Rolle im wirklichen Leben nicht spielen wollte, die totale Unterwerfung: sich Hitchcocks Kontrolle und Obsession ausliefern. Selten sind die privaten Obsessionen eines Filmemachers mit dem Zeitgeist so in eins geflossen, der Film markiert genial den Übergang von der Nachkriegszeit zur Moderne, mit ihrem Mix von Freiheitsgefühl und Frigidität. Der Preis war hoch, den Tippi Hedren dafür zahlen musste, Hitchcock ist an diesem Dilemma kaputtgegangen, und er hat auch die Karriere, das Leben von Tippi Hedren ruiniert.Tippi Hedren bei den 14. Genesis Awards in Beverly Hills/Foto: reuters

6 / 6
(Foto: N/A)

Sie ist nicht verfügbar, beschied er allen Regisseuren, die sie für ihre Filme haben wollten, erst nach Jahren schaffte sie es, aus dem Vertrag herauszukommen. Kurz darauf spielte sie in Chaplins letztem Film, "Die Gräfin von Hongkong", die coole Gattin von Marlon Brando, ihre letzte große Kinorolle. So hat sie sich in den Siebzigern darauf verlegt, auf ihrer Ranch Shambala Raubkatzen zu schützen, Löwen, Tiger, Geparden.Auch Hitchcock hat sie an seiner Kunst partizipieren lassen, hat sie, ein seltenes Privileg, bei den "Birds" sein Metier gelehrt. Einen dritten Film hat er mit ihr machen wollen, sein Lebensprojekt, "Mary Rose", nach einem Stück von J. M. Barrie, dem Peter-Pan-Schöpfer, das er in den Dreißigern gesehen hatte. Eine Geistergeschichte, über die Vergeblichkeit der Liebe - ein Mädchen, das mysteriös aus der Zeit fällt, verschwindet und nach Jahren wiederkehrt, aber ohne wie die Menschen um sie gealtert zu sein, berührt vom kalten Finger der Zeit: "Wie ein Hauch von Frost das Wachstum einer Pflanze stoppen mag und sie doch weiter erblühen lässt."2007: Tippi Hedren bei einer Pressekonferenz in Malaga/Foto: dpa

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: