Theaterfestival:Immer mehr Zukunft

Lesezeit: 2 min

"Die Hauptstadt", Adaption des Menasse-Romans aus Wien. (Foto: Matthias Heschl)

"Radikal jung" wird in diesem Jahr so groß wie noch nie

Von Egbert Tholl, München

Er habe es, sagt der Münchner Kulturreferent Hans-Georg Küppers, noch nie erlebt, dass eine über die Jahre unveränderte Jury so präzise und prägnant den Wandel des Theaters und der Gesellschaft abbilde. Ein großes Lob für Kilian Engels, C. Bernd Sucher und Annette Paulmann, deren Aufgabe mit der Auswahl für das diesjährige Festival aber Christine Wahl übernimmt. "Radikal jung" findet in diesem Jahr von 27. April bis 5. Mai statt und wird so groß wie noch nie sein.

15 Produktionen sind eingeladen, drei davon sind aus dieser Stadt, "Amsterdam" vom Volkstheater, "Der Mieter" vom Residenztheater, "Yung Faust" von den Kammerspielen. Die anderen kommen aus Zürich, Wien und Hamburg, aus Dresden, St. Pölten und Berlin, aus Frankreich, New York und der freien Szene. Kilian Engels erzählt, dass er, als er in New York "[50/50] old school animation" anguckte, Stefanie Carp und Barbara Mundel im Publikum getroffen habe - offenbar unterwegs für die Programmplanung der Ruhrtriennale.

Eine kleine Schnurre, die aber durchaus zeigt, in welchem Kontext das Münchner Festival "Radikal jung" inzwischen aufgehoben ist. In verschiedener Hinsicht ist es ohnehin Avantgarde: Zwölf der gezeigten Produktionen sind Ur- oder Erstaufführungen, dank der Arbeit von Kollektiven wie "The Agency" sind 14 Regisseurinnen und fünf regieführende Männer vertreten - hier braucht es keine Quote, die Zukunft des Theaters ist weiblich.

Christian Stückl, des Volkstheaters Intendant, sieht das Festival als "Impulsgeber" für sein Haus. Tatsächlich wurden in den vergangenen 14 Jahren schon einige Regisseurinnen und Regisseure vom Festival weg ans Volkstheater engagiert; von den Eingeladenen sind zwei bereits zum dritten und drei weitere zum zweiten Mal dabei. Der Impuls zielt aber auf mehr: Kilian Engels freut sich schon darauf, von 2022 an im neuen Haus des Volkstheaters noch viel mehr Gastspiele einladen zu können. Man brächte dann dort 900 Zuschauer zeitgleich verteilt auf vier Spielstätten unter. Und überhaupt: "Wir sind das diverseste deutsche Festival." Stimmt vielleicht sogar, wenn man die Festivals betrachtet, die mehrheitlich aus Stadttheater-Produktionen und nicht vor allem aus freier Szene bestehen.

Bei der Pressekonferenz, bei der das Programm des Festivals 2019 präsentiert wird, darf sich dann noch Küppers mit Lob überschüttet fühlen. Dessen Engagement, nach Wegfall des Sponsors das Festival mit Mitteln der Stadt nicht nur am Leben zu erhalten, sondern weiter auszubauen, ist nun auch ein Auftrag für seinen Nachfolger Anton Biebl. Küppers selbst glaubt, "Radikal jung" werde eine lange Zukunft haben. Es sei das Herzstück, ein Brutkasten des Theaters. Und: Wer es in seiner Biografie stehen hat, für den interessieren sich die Theater.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: