Techno-Event im Werksviertel:Regen statt Rave

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Immerhin konnte man beim Tanzen in der Tiefgarage jeden Gast per Handschlag begrüßen: Das FNY-Festival hat noch Luft nach oben. (Foto: Johannes Simon)

Das FNY-Festival startet in abgespeckter Form

Von Constanze Radnoti, München

Der Bass hämmert durch die Tiefgarage. Er wummert und wabert. Wie die weniger aggressive Variante eines Presslufthammers füllt er den Raum. Der Bauzaun, der die Tanzfläche vom Backstage-Bereich trennt, bebt. 200, vielleicht 300 Menschen tanzen unter der niedrigen Decke zur Musik von DJ Danny Daze aus Miami. Hinter ihm wird es hell, für einen Moment wirkt es, als würde die Bühne brennen. Die Leute johlen.

Die Garage im Münchner Werksviertel wird in diesem September an zwei Wochenenden zur Tanzfläche des FNY-Festivals. Eigentlich sollte es weitere Areas geben, darunter auch das Baufeld, wo bald der neue Konzertsaal für das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks entstehen soll. Doch weil es seit Donnerstagabend quasi durchregnet, hat die Stadt die Kubik-Installation, die als Hauptbühne des Festivals vorgesehen war, gesperrt. Das ist schade, denn selbst durch den Bauzaun kann man erahnen, wie besonders eine Rave-Nacht zwischen den bunt leuchtenden Wassertanks geworden wäre. Stattdessen legen alle Acts in der Tiefgarage auf - allerdings nur sechs der 21 angekündigten Künstler. Die Münchner DJs, die auf dem Munich Floor auftreten sollten, fallen sogar komplett aus.

Die Gäste ärgert das, denn obwohl das Line-up verändert ist und das Festival nicht wie geplant um 14 Uhr, sondern erst um 19 Uhr startet, müssen sie den vollen Eintrittspreis zahlen. Das FNY sollte zum völlig neuen Festival-Erlebnis für München werden, die Veranstalter haben einen beeindruckenden Plan A vorbereitet - doch an Plan B, dem Notfallplan, hakt es. Die Absagen kommen kurzfristig, die Beschilderung auf dem Gelände ist schlecht, das Personal kann nur vereinzelt weiterhelfen. Nur die Musik drückt wie vorgesehen.

Wie Knallerbsen hallt der Sound durch die Tiefgarage. Während sich die Tanzfläche dort langsam füllt, ist es an den Foodtrucks, die das Festival kulinarisch versorgen sollen, wie ausgestorben. Vier Essensstände haben geöffnet, ein Truck mit der Aufschrift "Pimms" bleibt geschlossen. Zwei Sicherheitsleute gehen zum Burger-Stand und wollen ihre Essensmarken einlösen. Das Team von "Grillin me softly" ist seit 13.30 Uhr im Werksviertel. "Uns hat niemand gesagt, dass es heute erst um 19 Uhr losgeht", sagt einer der Mitarbeiter.

Sie haben Glück im Unglück, auf dem Gelände findet auch eine Gaming Convention statt. Am Nachmittag kommen zum Foodtruck deshalb ein paar Gäste. Doch am Abend bleibt es leer, darunter leiden auch die Burger. Der Foodtruck hat trotzdem bis 3 Uhr nachts geöffnet, so will es der Vertrag. Ein dritter Security-Mann kommt zum Burger-Stand: "Ich habe eine Essensmarke. Bekomme ich dafür einen Burger?"

In der Tiefgarage wird es lauter. Der Bass wabert wie das Geräusch in einem Auto, wenn man über eine Autobahnbrücke fährt. Ein paar Meter weiter, in den Räumen der White Box, ist es ganz still. Hier findet die Virtual-Reality-Ausstellung "Human Conditions" statt. An vier Stationen kann man in fremde Welten eintauchen. Etwa in die von Martina Menegon. Die Künstlerin hat nach ihrem Vorbild kleine nackte Figuren geformt, die durch den Raum fliegen und sich nach belieben auseinanderziehen lassen. In einer anderen Ecke lädt Geoffrey Lillemon zur Albtraum-Party "The Nailpolish Inferno", auf der er all seine Kunstwerke versammelt hat. Seine neonfarbenen Figuren sind das visuelle Gegenstück zu den Techno-Sounds, die viele Etagen weiter unten wummern.

Doch nur wenige Party-Besucher dürften etwas von der VR-Ausstellung mitbekommen haben. Wie bei den Foodtrucks wartet man hier vergeblich auf den großen Ansturm. Das ist einerseits gut, denn um die VR-Welten in ihrer wundersamen Gänze zu erfahren, braucht man Zeit. Andererseits sollte sich kein FNY-Gast das audiovisuelle Spektakel entgehen lassen. Doch man muss wissen, dass es diese Ausstellung überhaupt gibt, denn auf dem Gelände weist nur ein kleines Schild in unmittelbarer Nähe auf die White Box hin. Das ist mehr Aufmerksamkeit, als die anderen Ausstellungen erfahren, die auf dem Programm angepriesen wurden. Weit und breit findet sich keine Ausschilderung, nichts weist darauf hin, ob es sie wirklich gibt.

Für alle, die auf das und mit dem FNY-Festival gehofft haben, ist das erste Wochenende eine Enttäuschung. Das Bürgerfest am Sonntag wird kurzfristig abgesagt, die Kubik-Installation bleibt gesperrt. Nun hoffen die Veranstalter auf die kommenden Tage. Unter der Woche sind Workshops geplant, am Wochenende steigen noch einmal Technopartys - dann hoffentlich auch zwischen den Wassertanks. Fürs Erste war das FNY-Festival einfach nur ein guter Club-Abend. Und das ist ja auch schon mal was.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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