Tatort Text:Der große Gabin

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Koch Xavier Kieffer löst seinen fünften Kriminalfall

Von Franz Kotteder

Kochende Detektive sind schwer im Trend, seit Manuel Vázquez Montalbán in den Siebzigerjahren seinen Ermittler Pepe Carvalho durch Barcelona streifen ließ, stets auf der Suche nach Übeltätern und Köstlichkeiten: Erstere wurden entlarvt und der Rechtspflege zugeführt, letztere zu wohlschmeckenden Gerichten verarbeitet. Seither sollte man über einen Krimihelden niemals sagen, er koche auch nur mit Wasser oder sei nicht einmal fähig, ein Spiegelei zuzubereiten, denn ohne Kochrezept ist ein Krimi heute kaum noch denkbar - sei es nun Martin Walkers "Delikatessen" oder Rita Falks "Dampfnudelblues".

Warum dann nicht gleich einen Koch zum Detektiv machen? Der in München lebende Schriftsteller Tom Hillenbrand hat es gewagt, das Prinzip des kulinarischen Krimis auf die Spitze zu treiben und den Koch Xavier Kieffer erfunden, der nun seit 2011 allerlei Fälle löst und nebenbei ein besseres Restaurant in Luxemburg betreibt. Eine clevere Idee, weil man damit schon mal ein paar Monate lang die Bestsellerlisten in Luxemburg anführen kann. Gerade ist der fünfte Band der Xavier-Kieffer-Reihe erschienen (Kiwi-Taschenbuch, 9,99 Euro). In "Gefährliche Empfehlungen" geht es um einen weltberühmten Restaurantführer, der seit Jahrzehnten Lokale mit Sternen von eins bis drei bewertet und zu Beginn des Romans sein großes Jubiläum mit einem Festakt feiert, zu dem sogar der französische Staatspräsident erscheint.

Doch die Feier gerät völlig aus den Fugen, als ein radikaler Veganer die Bühne stürmt und der Strom ausfällt. Polizei und Personenschützer räumen den Saal, doch der befürchtete Terroranschlag ist keiner. Nur ein seltenes Exemplar des kobaltblauen "Guide Gabin" aus dem Jahr 1939 ist verschwunden. Auf der Suche danach gerät Kieffer in größte Gefahr, in der nicht nur Geheimdienste eine verwirrende Rolle spielen, sondern auch die Wirren des Zweiten Weltkriegs. Ein klassischer Krimi-Plot eben, dessen Fluss erfreulicherweise nicht durch eingestreute Rezepte gestört wird. Dafür erfährt man viel Spannendes - und sehr Fundiertes! - aus der Geschichte der Kulinarik und darf sich über allerlei hübsche Anspielungen freuen. So heißt der Starkoch, der zu Ehren des "Guide Gabin" aufkochen darf, Soubec. Was man wohl nur als Münchner so richtig würdigen kann. Und dem Fonsi vom Platzl wird das sicher auch gefallen.

© SZ vom 13.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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