"Tartuffe":Vom Garten in die Villa

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Freiluftvergnügen: das Münchner Sommertheater mit "Tartuffe" im Englischen Garten. (Foto: Münchner Sommertheater)

Das Münchner Sommertheater jetzt auch im Herbst

Von Elena Berchermeier, München

Ulrike Dissmann ist eine Kümmerin. Wenn sie mal theaterfrei hat, legt sie nicht die Beine hoch, sondern arbeitet in ihrem Garten - und betreut dort rund 1000 Tulpen. Meist hat Dissmann aber sowieso nicht theaterfrei, sondern werkelt mit Schauspielern an einem Stück. Seit 1990 leitet die 74-jährige Regisseurin das Münchner Sommertheater im Englischen Garten. Dabei lässt sie sich viel von ihrer Freude an der Sprache leiten. Schon als Kind, sagt sie, habe sie zuhause Englisch und Französisch gelernt, das helfe ihr heute noch, wenn sie Texte für ihre Inszenierungen selbst übersetzt. "Erst durch Sprache kann man den Zauber eines Stücks auf die Bühne bringen", sagt Dissmann.

Regie führen hat sie nie studiert, sondern sich selbst beigebracht. Ins Theater ging sie schon immer gern. Weil sie dort regelmäßig über die Inszenierungen schimpfte, sagte eine Freundin irgendwann: "Dann mach es doch besser." Und das versucht sie. Jedes Jahr studiert Dissmann mit Profis und Laienschauspielern ein Stück ein. Meist sind es Klassiker: Shakespeares "Sommernachtstraum", Kleists "Der zerbrochne Krug" und in diesem Jahr Molières "Tartuffe".

Nach einem Casting im Frühjahr probt die Gruppe zweimal die Woche, von Anfang an draußen im Amphitheater unter realen Bedingungen. Im Juli und Augst finden dann zwölf Aufführungen im Englischen Garten statt - nur bei starkem Regen wird in der Mohr-Villa gespielt. Dorthin ziehen die Produktionen auch jeden Herbst für weitere Vorstellungen um. So könnten auch ältere Menschen kommen, denen es im Englischen Garten auf den Stufen zu unbequem sei.

Wenn "Tartuffe" Ende September abgespielt sein wird, arbeitet Dissmann mit einer kleinen Gruppe Schauspieler weiter. Sie will ihnen übers Jahr ein Gefühl für Körperlichkeit und Sprechen vermitteln. Sie nennt das "Herbstarbeit". Dissmann sagt: "Schauspieler dürfen nicht zu sehr in den Kopf gehen, deshalb mache ich die Herbstarbeit auch nur mit denen, die wirklich offen dafür sind." Und dann kommt der Frühling - und damit schon wieder die Tulpenzeit.

Tartuffe , Fr., 21., bis Sa., 22. Sept., Do., 27., bis Sa., 29. Sept., 19.30 Uhr, Mohr-Villa, Situlistraße 75

© SZ vom 21.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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