Szenario: Martin Parr im Haus der Kunst:Herrchen und Hündchen

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Die klassenrelevanten Attitüden im Blick: Martin Parr rückt in seiner neuen Foto-Ausstellung in München dem Jet-Set zu Leibe - auch leibhaftig.

Birgit Weidinger

Herrchen und Hündchen: Der soignierte Anzugträger mit rotem Foulard herzt sein exotisches Schoßtier und dessen lange Flatterohren - Martin Parr hat die Szene bei der Moskauer Fashion Week 2004 aufgenommen. Sie zeigt den Prestigewert vom teuren Hündchen fürs reiche Herrchen: ein passendes Motiv für das Plakat, das im Haus der Kunst für Parrs jüngste Ausstellung wirbt. Parrworld heißt die Perspektive, Luxury ist ihr Stichwort: Der berühmte englische Foto-Künstler ist diesmal dem Jetset auf die Pelle gerückt; bei Modeschauen, Pferderennen, Food-Events war er dabei mit seinem ausgeprägten Sinn für Banales, Sensationelles und Satirisches.

Bildergalerie
:Der Luxus des Wahnsinns

Sein Berufsgeheimnis ist die eigene Unauffälligkeit - seine Bilder spiegeln den Wahnsinn der Realität. Martin Parr lässt Kunst, Fotografie, Design und Werbung verschmelzen. Seine neue Foto-Serie "Luxury" zeigt er nun im Haus der Kunst. Dazu ist der Ethnologe der Sonnenbrände und Supermärkte diesmal in die Oberschicht abgetaucht. Seine schönsten Motive in Bildern.

Zur Begrüßung Parrs sind zahlreiche Fans in den Terrassensaal des Hauses der Kunst gekommen. Der Fotograf mit dem Image eines immerjungen Studienrats - Blümchenhemd, Sandalen, Pokerface - lässt die Begrüßungsreden von Chris Dercon und Thomas Weski auf sich wirken. Der Chef des Hauses preist Parr als "our hope for Great Britain", verweist auch auf die Premiere dieser Präsentation, die erstmals Fotoserien, Objekte und Fachbücher des Hoffnungsträgers umfasst. Kurator Weski erzählt vom Werdegang Parrs, etwa, wie der Vater als Hobby-Ornithologe den Sohn stilles Warten gelehrt habe.

Im ersten Stock betreten die Premierengäste die Parrworld - von einer medialen Wunderkammer hat Chris Dercon zurecht gesprochen. Dem (Kamera-)Auge Parrs entgehen weder klassenrelevante Attitüden noch scheinbare Nebensächlichkeiten opulenten Lebensstils. Als Sammler hortet er unermüdlich Nippes, Uhren, Flaschenöffner, Postkarten und andere Kuriosa. Das Gleiche gilt für die Archivierung kostbarer Fachliteratur. Beim erst- und einmaligen Sehen ist die Fülle des Angebots nicht zu bewältigen. Wiederkommen lohnt sich also.

Die Schau dauert bis 17. August.

© SZ vom 8.5.2008/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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