1000. Sendung von Johannes B. Kerner:Das Prinzip "immer da"

Lesezeit: 2 min

Mit Eva Herman und einem verstörten Elfjährigen hatte er seine schwersten Stunden. Erfolgreich ist er trotzdem: Johannes B. Kerner moderiert heute Abend seine 1000. Talkshow im ZDF.

Elmar Jung

Wenn Johannes B. Kerner etwas imponiert, dann sind es Fleiß, Fleiß und Fleiß. Wenn einer sich nach zehn Jahren noch mit einer Sorgfalt auf die Sendung vorbereitet, als wäre es seine erste, wenn jemand seinen Redaktionsleiter mitten in der Nacht anruft und ihm einen Rechercheauftrag erteilt: "Vor solchen Menschen habe ich Respekt", sagt er.

Ob Clinton oder Herman: Beim meist freundlichen Kerner trifft sich die Prominenz. (Foto: Foto: ddp)

Hier spricht Kerner über Kerner. Und wenn er, der beim ZDF auch noch für Fußball- und Olympia-Moderationen sowie für Unterhaltungsshows (Unsere Besten...) zuständig ist, am Dienstag mit der Talkshow Johannes B. Kerner zum 1000. Mal auf Sendung geht, dann wird er sich fleißig und gewissenhaft und wie immer vorbereiten. Das Jubiläum, sagt Kerner, wolle man nicht zum Feiern nutzen. Oh nein.

Denn so schnell wird Kerner auch nicht aufhören. Die Sendung ist in Quoten bemessen erfolgreicher als vergleichbare Talkshows wie Menschen bei Maischberger oder Beckmann, die allerdings nur einmal in der Woche zu sehen sind. 2007 lag Kerners durchschnittlicher Marktanteil bei 12,9 Prozent. Für ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut ist die Sendung "der feste Anker für das späte Abendprogramm". Unterhaltungschef Manfred Teubner schwärmt von Kerner als dem einzigen Format, das die Quote des vorangegangenen Programms verdreifachen kann: "Für uns spielt das eine große Rolle."

Das ZDF hat die Kerner-Frequenz deshalb auch erhöht. Zum Start am 15. Januar 1998 wurde die abendliche Show nur donnerstags ausgestrahlt. Inzwischen läuft sie von Dienstag bis inklusive Freitag. Gewissermaßen nebenher führt Kerner durch den ZDF-Jahresrückblick Menschen, durch Veranstaltungen wie das Schwarzwaldklinik-Spezial oder die Geburtstagsgala Danke, Dieter Thomas Heck!. "Kerner ist immer da", sagt Kerner. Oh ja.

Wer viel macht, wird wahrgenommen, oft aber nicht so, wie es ihm beliebt. Die einen stört Kerners Umgang mit den Gästen, andere seine Interviewführung, die als zu weich, zu unkritisch getadelt wird. Zu selten beweise der Moderator journalistischen Härte, zu oft sei er Stichwortgeber. Stimmt das? Manchmal bestimmt. Kerners Stil ist nicht jedermanns Sache, aber jedermann kommt zu ihm: Bill Clinton, Horst Köhler, Königin Silvia von Schweden, Angela Merkel, Kevin Costner, Gerhard Schröder und die deutschen Bunte-Helden und die Sternchen.

Die Gesellschaft der Superstars

Wie sehr Kerners verbindliche Art verfängt, zeigt das Beispiel Helmut Kohl. Der alte Kanzler plauderte bei einem seiner Besuche dermaßen freizügig aus seinem Privatleben, dass der frühere heute-journal-Moderator Wolf von Lojewski - nicht eben als Kerner-Fan bekannt - eingestanden haben soll: "Mir hätte der das nicht erzählt." Bei Schröder war es bei einem Kerner-Auftritt mit politischen Themen nicht anders.

Alle werden sie bei Kerner gesellig, Ausnahmen gibt es, und Kerner hat manche schwere Stunde erlebt - mit Eva Herman oder mit einem 11-jährigen Schüler, der ein Schulmassaker bezeugte. Das Besondere an Johannes B. Kerner ist sein Kameratalent. Das Prinzip Kerner, der melodiöse Small-Talk, funktioniert, weil es keine Prinzipien der Verweigerung mehr gibt in einer Gesellschaft, in der jeder ein Superstar werden möchte.

Bald wird Johannes B. Kerner, 43, die Leitung seiner Kochsendung (Freitagabend) abgeben. Es mache ihm keinen Spaß, immer dieselben Fragen zu stellen. Und wenn nur einmal die Schauspielerin Nastassja Kinski in seine Talkshow komme, dann würde er aufhören. Sagt Kerner. Was man so sagt, zur 1000. Sendung.

© SZ vom 11.2.2008/kur - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: