Schauspiel:Schöne Möwe

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"Plan B" mit Tschechow im Teamtheater

Von Christiane Lutz

Dass bei Tschechow immer alle unglücklich sind, hat sich inzwischen herumgesprochen. Trotzdem funktionieren seine Geschichten noch immer, die Verzweiflung der Figuren bohrt sich wie ein vergifteter Pfeil ins Zuschauerherz, es ist zum Heulen. So auch in einer ganz wunderbaren Inszenierung von "Die Möwe", die das Theater "Plan B" aktuell im Teamtheater Tankstelle spielt.

Regisseur Andreas Wiedermann hat den Text um einen Gutshof, auf dem die Schauspieldiva Irina Arkadina mit ihrem Tross an Bewunderern ein und aus geht, klug gekürzt und sanft modernisiert. Wir sind im Jahr 2016. Die unglücklich verliebte Mascha zum Beispiel (herzzerreißend: Christina Matschoss) ist ein in schwarz gekleidetes Emo-Mädchen, das mit ihrem Verlobten Medwedenko nur über Skype telefoniert. Kostja (Friedrich Custodio) ist ein verhipsterter Künstler, der seine Familie und die Hausfreunde zum Besuch seiner wirren Performance nötigt.

Wenn sich Kostja dann am Ende auf einer Silvesterparty das Leben nimmt und es niemand bemerkt, weil alle denken, ein Böller habe geknallt, hat das genau die richtige Größe. Das Team haushaltet clever mit der Tschechow-Komik, auf die man sich bei all dem Elend erleichtert stürzen mag. Es macht erstaunlich wenig aus, dass Wiedermanns Schauspieltrupp hauptsächlich aus Menschen um die 30 besteht, von denen aber ein paar wesentlich ältere Figuren spielen. Was, da gerade das Altern und die bittere Erkenntnis, dass doch nicht alles gut wird, am Ende ein wichtiges Thema bei Tschechow ist. Es ist glaubhaft, weil keine der Figuren übertrieben auf alt macht. Dann ist Irina Arkadina (Theresa Hanich) eben eine ganz besonders jung gebliebene alternde Schauspiel-Diva, was soll's? Dieses Selbstbewusstsein macht diese "Möwe" zu einer sehr großen Freude.

Die Möwe , 10. bis 12. März, 20 Uhr, Teamtheater , Am Einlass 4

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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