Sammlerin:Pendeln zum Publikum

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Nach Axel Haubrok und Christian Boros hat sich eine weitere Privatsammlung in der Hauptstadt eingemietet: Julia Stoschek verrät, warum sie in Berlin eine Dependence ihrer Collection eröffnet - und was sie dort plant.

Interview von Catrin Lorch

Wird es in Berlin langsam eng? Nach Axel Haubrok und Christian Boros hat sich eine weitere deutsche Privatsammlung in der Hauptstadt eingemietet: Julia Stoschek eröffnet hier Anfang Juni eine Dependance ihres seit dem Jahr 2007 in Düsseldorf bestehenden Ausstellungshauses.

SZ: Die Julia-Stoschek-Collection hat in den vergangenen Jahren Beharrungsvermögen bewiesen - während Sammler, Galerien und Künstler vom Rheinland nach Berlin umzogen, sind Sie in Düsseldorf geblieben. Warum jetzt doch der Umzug?

Julia Stoschek: Es ist keine Entscheidung gegen eine Stadt. Wir verzeichnen inzwischen mehr als 15 000 Besucher jährlich in Düsseldorf. Aber ich möchte jetzt auch dort präsent sein, wo die meisten Interessenten für mein aktuelles Programm sind. Das ist nun mal Berlin.

Werden Sie sich auf Dauer zwei Spielorte leisten?

Düsseldorf bleibt das Stammhaus. Das Experiment heißt Berlin! Es war mir in vielerlei Hinsicht wichtig, gleichzeitig mit der diesjährigen Berlin Biennale zu eröffnen, da ich als Vorstandsmitglied der KunstWerke der Berlin Biennale seit vielen Jahren eng verbunden bin. Auch programmatisch werden sich viele Überschneidungen ergeben mit den Künstlern, die ich sammle. Die Räume sind temporär gemietet. Vielleicht werden zukünftig auch andere Orte in Berlin bespielt werden. Berlin ist eine Stadt des Wandels, das gilt auch für meinen Sammlungsansatz.

Wo sind Sie denn untergekommen?

Im ehemaligen tschechischen Kulturzentrum, einem Plattenbau aus den 60ern an der Leipziger Straße, also in Mitte. Schon weil die Sammlung in Düsseldorf in einem historischen Baudenkmal beheimatet ist, reizt mich so ein Gegensatz. Johanna Meyer-Grohbrügge, eine Berliner Architektin, ist mit dem Umbau betraut, denn bislang definieren sich die Räume als eine Art Mischwesen aus Club und anderen kreativen Nutzungsflächen.

M it wem feiern Sie am 2. Juni Vernissage?

Geplant ist eine Gruppenausstellung mit 18 Künstlern und 40 Werken, die einen Einblick in die jüngste Entwicklung meiner Sammlung ermöglichen und vor allem noch nie in dieser Form gezeigt wurden. Von raumgreifenden Videoinstallationen, skulpturalen Arbeiten, Performances bis hin zu einer monumentalen Live-Simulation veranschaulicht diese Ausstellung aktuelle Kunststrategien und eine völlig neue künstlerische Formensprache, die erst durch die neuesten Technologien ermöglicht wird.

Das erreicht schon das Format einer Kunsthallen-Show.

Ich denke nicht in diesen Kategorien - die Sammlung ist eine Privatsammlung, wenn auch inzwischen eine etablierte. Alle Mitarbeiter werden an beiden Standorten arbeiten, wir werden künftig pendeln. Inzwischen haben wir auch viel Erfahrung, was externe Ausstellungsprojekte betrifft: In den vergangenen Jahren wurde die Sammlung häufig im Ausland gezeigt, im letzten Jahr in Tel Aviv und jetzt gerade in Malmö und Stockholm. Ziel ist bei allen unseren Vorhaben, die Sammlung einem größtmöglichen Publikum zugänglich zu machen.

Und darauf zählen Sie in Berlin?

Die Kunstszene in Düsseldorf ist einzigartig und sehr lebendig. Viele international etablierte Künstler leben hier. Ich betrachte mein Engagement in Berlin als eine Ergänzung und empfinde es als großes Glück, in beiden Städten präsent zu sein. Düsseldorf mit seinem gewachsenen Bürgertum und der Akademie - und das experimentelle Berlin mit seiner jungen Künstlergeneration. So können wir in beiden Städten den Künstlern gleichermaßen nah sein und was noch besser ist: sie uns.

© SZ vom 02.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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