Romy-Schneider-Verfilmungen:Die Spaziergänger aus Berlin

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Bizarrer Wettstreit: Nach dem 25. Todestag von Romy Schneider sind vier Verfilmungen in Planung. In einem der Biopics wird Yvonne Catterfeld die Hauptrolle spielen.

Christopher Keil

Das Buch des Journalisten Michael Jürgs über Romy Schneider mit dem Titel "Der Fall Romy Schneider" beginnt mit dem Tod der Schauspielerin am 29. Mai 1982. Sie starb in der Pariser Rue Barbet-de-Jouy 11, sie starb an Herzversagen. Man fand sie in einem Sessel, vor ihr ein voller Aschenbecher, neben ihr eine leere Flasche Wein. Die Lampe auf dem Schreibtisch brannte noch. Sie wurde 43 Jahre alt.

Yvonne Catterfeld wird in der Romy-Schneider-Verfilmung "Eine Frau wie Romy" die Hauptrolle spielen. (Foto: Foto: dpa)

Auch das Drehbuch, das die Autorin Susanne Schneider auf Grundlage dieser Biografie schon 1996 schrieb, beginnt in Paris mit dem Tod. Allerdings wäre der Tod im Film ein Mann, dem Romy begegnet, wie sie vielen Männern begegnete. Sie ist begeistert, vertraut ihm, er nimmt sie mit, zunächst nur auf eines der Ausflugsboote, die auf der Seine schippern. Dort erzählt sie ihm ihr Leben.

Was ist das für ein Leben gewesen? Ein emotionales, ein tragisches Leben, das schwer zu durchdringen, leicht zu durchschauen ist. Romy Schneider wurde als Schauspielerin ein Star, konnte aber ihre Ängste und Zweifel nie ablegen. Sie musste sie betäuben wie die Einsamkeit, die ihr folgte und sie nach dem tödlichen Unfall ihres Sohnes nicht mehr verließ.

Die Deutschen haben die in Wien geborene Rosemarie Albach nicht verstanden und bis zuletzt auf Sissi reduziert, auf ein junges, hübsches Ding, das die österreichische Kaiserin spielte in einem Heimatfilm der moralischen 50er Jahre. Die Franzosen haben sie begriffen - als Madame Schneider, eine Frau mit Geheimnissen und Abgründen: mal schamlos, mal verklemmt, mal chaotisch, mal diszipliniert, immer sehnsüchtig.

In Frankreich konnte sie sein. Dort drehte sie den größten und den haltbaren Teil ihrer Filme, dort verbrachte sie die glücklichen Monate unter einem Dach mit Alain Delon. Dass es eines Tages einen Film auch über sie geben würde, konnte man abwarten.

Jahrzehntelang geschah nichts. Dann erschienen 2007 zum 25. Todestag ein paar Magazin-Titel mit Romy Schneider. Mittlerweile sind vier Romy-Schneider-Verfilmungen in der Planung. Natürlich verträgt der Markt keine vier. Der Produktionsfall Romy Schneider ist heute nicht weniger verstellt als der echte.

Er beginnt zwar nicht in dieser Woche, aber am Dienstag gab der in Hamburg ansässige Produzent Douglas Welbat (7Zwerge) bekannt, dass demnächst "Eine Frau wie Romy" gemacht werde. Als Hauptdarstellerin wurde die deutsche Serien-Aktrice Yvonne Catterfeld engagiert, als Regisseur Josef Rusnak. Außerdem darf Raymond Danon mitmischen, der 1981 "Die Spaziergängerin von Sans-Soucis" produzierte, der letzte Film mit Romy Schneider. Und auch Daniel Biasini, ihr zweiter Ehemann, gehört zum Team. Vermutlich überzeugten ihn die Absichten von Welbats Firma Moviecompany. Ins schlechte Licht eines kühlen Abstaubers wird die ihn jawohl kaum stellen wollen.

Über die Presse Fakten schaffen

Als erster verkündet hatte allerdings schon Anfang Juni 2007 der Südwestrundfunk (SWR) ein TV-Projekt "Romy". Markus Brunnemann, dessen Firma Phoenix zur Ufa-Holding zählt, schlug es kurzerhand vor und sicherte sich den Auftrag. Regisseur sollte Jo Baier (Stauffenberg) sein. In den Klatschblättern wurde umgehend diskutiert und abgestimmt, wer Romy Schneider spielen könne. Immer genannt: Yvonne Catterfeld und Marie Bäumer, auch Hannah Herzsprung.

Doch Brunnemanns Werk geriet in Gefahr. Regisseur Baier sprang vergangenen Sommer ab, beschäftigt sich seither für die Konkurrenz (Ziegler-Film) mit einer Kinoversion "Henri Quatre". Stand der Phoenix Film, stand dem SWR überhaupt ein ernst zu nehmendes Drehbuch für "Romy Schneider" zur Verfügung? Ursprünglich war eines bei Benedikt Röskau (Contergan) bestellt worden.

Die Antwort gab es in dieser Woche. Am Donnerstag traf sich Brunnemann offenbar mit Carl Bergengruen, dem Spielfilmchef des SWR. Mit dabei waren Torsten C. Fischer, der die Regie übernommen hat, und Röskau. Fischer inszenierte 2006 den Roman Liebeswunsch von Dieter Wellershoff (Kino). Eine der Hauptrollen hatte er mit Jessica Schwarz, 30, besetzt. Angeblich nur mit ihr will er Romy Schneider für die ARD fiktional verdichten. Röskaus Drehbuch soll sich in einer zweiten Fassung auf die Schneider-Jahre um die 30 konzentrieren.

Das beste Drehbuch

Mit der Personalie Jessica Schwarz wird Romy Schneider zu einer inneren Angelegenheit der Ufa. Norbert Sauer, Brunnemanns Kollege in der Ufa-Gruppe und Geschäftsführer der Ufa-Film (Die Frau vom Checkpoint Charlie), hat seit 1995 die Absicht, einen Romy-Schneider-Film zu produzieren, er war damit sehr früh dran. Sauer erstand damals die Filmrechte an der Jürgs-Biografie und hat seit 1996 ein fertiges Drehbuch. Es ist nach Auskunft unterschiedlicher Schauspielerinnen und Agenten das beste zum Thema "Romy Schneider". Es ist das Drehbuch, das Susanne Schneider vor mehr als zehn Jahren vorlegte. "Ich habe den Stoff eine ganze Weile liegen gelassen", sagt Sauer, "das hatte verschiedene Gründe".

Beispielsweise hat es den Grund der komplizierten Persönlichkeits-Rechtslage. Auch in Paris, wo der deutsche Produzent Klaus Zimmermann bald zwei Jahre mit seinem Unternehmen Z.E.N. tätig ist, glaubt niemand, dass eine Romy-Schneider-Verfilmung ohne die lebenden Zeugen Daniel Biasini und Alain Delon möglich sei. Zimmermann traf sich schon 2007 mit Delon und auch mit Biasini, den er keinesfalls für einen Schurken in der Romy-Legende hält. Z.E.N arbeitet an einer französische Variante des Stoffes. Sowohl Delon als auch Biasini sollen nach Lektüre des Treatments, eine Kurzform des Drehbuchs, ihre Zustimmung signalisiert haben.

Das ist neu. An beiden scheiterten zuletzt sämtliche Romy-Schneider-Vorhaben. Ufa-Film-Geschäftsführer Sauer hatte deshalb Rechtsgutachten einholen lassen und mit dem Testamentsvollstrecker Romy Schneiders, Heinrich Senfft, Kontakt aufgenommen. "Senfft", sagt Sauer, "hat uns attestiert, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir sind weit gekommen, wir haben juristische Beurteilungen", dicker als das Drehbuch.

Nichts hat sich verändert

Im Juni 2007 war die kuriose Situation entstanden, dass plötzlich drei Ufa-Firmen aus Berlin unabhängig voneinander Romy-Schneider-Filme entwickelten: Brunnemann mit dem SWR, Sauer dachte an eine ZDF-Kooperation mit Kino-Auswertung, und im Hintergrund stellte sich Nico Hofmann - Geschäftsführer der Ufa-Firma Teamworx (Dresden) - vor, die französischen Teile Zimmermanns mit den deutschen Teilen zu einer europäischen Ko-Produktion zu vereinen. Was für eine Berlinale.

Dass nun ein Produzent wie Welbat "über die Presse Fakten schafft", wie Sauer meint, hat sich die Ufa selbst zuzuschreiben. Wolf Bauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der zum Bertelsmann-Konzern gehörenden Ufa-Holding (Babelsberg), setzt auf internen Wettbewerb. Das ist ehrenwert. Oder führungsschwach? Hätte Bauer die Kräfte gebündelt, stünde ein international finanziertes, spektakulär besetztes Kino- oder Fernsehereignis "Romy Schneider" bei allen Förderanstalten an erster Stelle.

Stattdessen stieg Hofmann im vergangenen Sommer entnervt aus, Sauer beauftragte die Regisseurin Vivian Naefe mit Vorbereitungen für eine Verfilmung. Naefe ließ Probeaufnahmen von Jessica Schwarz machen, die Anlass zu Hoffnung gaben. Nach Welbats Vorstoß mit Yvonne Catterfeld stellt Sauer seine Aktivitäten jetzt vorerst ein. Er will abwarten, was aus Brunnemanns TV- und Welbats Kinofilm wird. "Ich begebe mich nicht auf eine Rennstrecke", sagt Sauer. "Ich will einen authentischen Film."

Ob der Regisseur Fischer so einen Film, dazu mit Jessica Schwarz, in die ARD bringt, ist offen. Offen ist, ob Welbat das ZDF einbinden kann, was er dem Vernehmen nach gerne würde. Beim ZDF zeigt man sich angetan vom Drehbuch der Sauer-Autorin Susanne Schneider. Und Klaus Zimmermann, der Produzent aus Paris, ist nicht am Ziel. Lebte Romy Schneider noch, hätte sie festgestellt: Nichts hat sich verändert - in der Filmindustrie.

© SZ vom 16./17.2.2008/kur - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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