Remakes von Spielfilmen:Igitt, schwarz-weiß!

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Es hat noch nie ein Remake gegeben, das besser war als das Original. Doch das ahnungslose Publikum will etwa anstatt Murnaus "Nosferatu" lieber Werner Herzogs Remake mit dem albernen Kinski sehen.

Rainer Stephan

Dass einerseits kein Mensch sich eine Zahnwurzelbehandlung ohne Betäubungsspritze auch nur vorstellen möchte und andererseits doch früher alles besser war: Das gehört zu den unauflösbaren Widersprüchen des Lebens.

Klaus Kinski in dem Film "Das Rätsel des silbernen Dreiecks" von 1965/66. (Foto: Foto: dpa)

Wie bitte? Früher war gar nicht alles besser? Bevor wir herumstreiten - am einfachsten lässt sich diese Frage angesichts einer sehr langen Versuchsreihe der Filmindustrie beantworten, in der es immer wieder darum geht, aus etwas gutem Alten etwas besseres Neues zu machen: das Remake.

Faustregel: Es gibt grauenhaft misslungene Remakes (wie Peter Jacksons "King Kong"), und es gibt etwas weniger misslungene Remakes (James Camerons "Titanic" im Vergleich zur ersten Hollywood-Fassung von Jean Negulesco); aber es hat noch nie ein Remake gegeben, das besser war als das Original.

Die Produzenten und Regisseure der Remakes wissen das bestimmt auch, aber es ist ihnen schnurzpiepegal. Sie setzen erstens auf den Glauben an die Wiederholbarkeit von Erfolgen und zweitens auf ein je jüngeres, desto ahnungsloseres Publikum, das die Originale nie zu Gesicht bekam respektive entsetzt wegzappt, falls doch einmal Friedrich Wilhelm Murnaus "Nosferatu" statt Werner Herzogs Remake mit dem albernen Kinski auf einem Bildschirm aufflackert: igitt, schwarz-weiß!!

In der Tat kennt, wer je seinen Nachwuchs anhand des eigenen Kino-Kanons filmästhetisch heranzubilden suchte, die unüberwindliche Abneigung Heranwachsender gegen alles Unbunte (und das, obwohl sich Kinder wie Erwachsene später oft kaum an die Farbe eines Films erinnern). Gerade die Klassiker unter den Kinderfilmen erscheinen daher als besonders remake-anfällig, und gerade da geht's besonders schief.

Bestes Beispiel: Die nach Erich Kästners Romanen für Kinder gedrehten Filme. Ob "Emil und die Detektive", "Pünktchen und Anton", "Das fliegende Klassenzimmer" oder "Das doppelte Lottchen": Keines der zwischen 1931 und 1951 gedrehten Originale blieb vor Remake-Versuchen verschont, und kein Remake erreichte auch nur annähernd den Witz, die emotionale Wirkung und, last but not least, die handwerkliche Sorgfalt der Originale.

Überraschend erweisen sich die geradezu anti-cineastischen Elemente der alten Filme als Stärken: das sehr bewusste Spiel der Akteure, das oft kulissenhaften Ambiente ("Seebühl am Bühlsee") und vor allem der leise ironische, auch leise traurige Off-Kommentar des leibhaftigen Kästner. "Kästner muss Kästner bleiben", hat der Regisseur Joseph Vilsmaier einmal gesagt, "ihn sollte man nicht ummodeln, das wäre unglücklich und falsch." Genau; und deswegen drehte Vilsmaier flugs sein "Charly und Louise" betiteltes Remake des "Doppelten Lottchens" - Schwamm drüber.

Schwamm drüber? Von wegen. Gerade ist die dritte "Lottchen"-Version angelaufen. Neu dabei: Das Re-Remake ist ein Zeichentrickfilm, und will in diesem Sinn als eine Art Original betrachtet werden. Andererseits: Auch die Trickzeichnungen, darauf legen die Produzenten richtig Wert, versuchen nur etwas zu imitieren, nämlich Walter Triers zauberhafte Originalillustrationen zur Buchausgabe. Leider bleibt's beim Versuch.

Wo Trier elegante Pointen strichelte, pingeln die Filmzeichner angeblich nostalgisch, in Wahrheit aber nur platt-detailbesessen drauflos. Ärger noch: Weil Zeichentrick-Kinder beliebig reproduzierbar sind (und daher eh immer wie Klone aussehen) , bleibt der entscheidende Zwillingseffekt völlig wirkungslos. Wen interessiert schon ein x-faches Lottchen?

© SZaW v. 12./13.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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