Rechtschreibreform:Neue Regeln für die Schüler

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Nach jahrelangem Streit stimmen die Kultusminister der Reform zu - damit "Ruhe und ein Rechtschreibfrieden in Deutschland einkehren".

Marco Finetti

An allen Schulen in Deutschland können von August an wieder einheitliche Rechtschreibregeln gelten. Die Kultusminister der 16 Bundesländer nahmen am Donnerstag in Berlin die jüngsten Änderungsvorschläge des Rates für deutsche Rechtschreibung einstimmig an.

Damit sind wichtige Teile der Rechtschreibreform aus dem Jahr 1996 korrigiert. Die Änderungen betreffen besonders die Getrennt- und Zusammenschreibung sowie die Groß- und Kleinschreibung. Auch bei der Zeichensetzung und Silbentrennung gibt es Korrekturen.

Der Beschluss zur Annahme der Änderungsvorschläge fiel nach Angaben von Sitzungsteilnehmern nach "einer sehr kurzen und harmonischen Aussprache".

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave, zeigte sich danach "erleichtert und fröhlich".

Frühere Unsinnigkeiten

Mit den neuen Regeln werde "Ruhe und ein Rechtschreibfrieden in Deutschland einkehren", sagte die SPD-Politikerin. Auch andere Kultusminister wie der parteilose Jan-Hendrik Olbertz aus Sachsen-Anhalt äußerten sich zufrieden, übten jedoch zugleich Selbstkritik angesichts der jahrelangen Auseinandersetzungen um die Rechtschreibreform: "Die Politik hätte sich nicht in die Normierung unserer Sprache einmischen sollen", sagte Olbertz.

Nach Ansicht der brandenburgischen Kultusministerin Johanna Wanka (CDU) ist mit den Korrekturen ein Teil der "früheren Unsinnigkeiten" zurückgenommen worden; mit der 1996 beschlossenen Reform seien die Kultusminister "übers Ziel hinaus geschossen".

Die geänderten Regeln sollen zum Beginn des neuen Schuljahres am 1. August an allen Schulen eingeführt und auch für die Verwaltung verbindlich werden, genau ein Jahr nach dem ursprünglich vorgesehenen Termin.

Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen, die die Rechtschreibreform im vergangenen Sommer ausgesetzt hatten, da sie erst weitere Änderungsvorschläge abwarten wollten, kündigten bereits am Donnerstag eine Übernahme an.

Zuvor müssen Ende März noch die Ministerpräsidenten der Länder abschließend zustimmen, was nach dem jetzigen Beschluss jedoch als sicher gilt.

Wieder mehr zusammenschreiben

Nach den nun beschlossenen Änderungen soll künftig wieder mehr zusammengeschrieben werden, vor allem bei einem so genannten einheitlichen Wortakzent wie etwa bei "eislaufen", "leidtun", "aufeinanderstapeln" oder "querlesen".

Feststehende Begriffe wie "Große Koalition", "Gelbe Karte" oder "Runder Tisch" werden "dem allgemeinen Sprachgebrauch nach" wieder groß geschrieben.

Auch die "Du"-Anrede in Briefen kann künftig wieder groß geschrieben werden. Nicht mehr erlaubt sind dagegen bei Worttrennungen die Abtrennung von Einzelvokalen am Wortanfang oder -ende wie "E-sel" oder "Bi-o-müll".

Für diese und alle anderen Änderungen gilt jedoch eine einjährige Übergangsfrist; demnach werden alte Schreibweisen, die durch die jetzt beschlossenen Regeln überholt sind, bis zum 1. August 2007 nicht als Fehler gewertet.

Wie die KMK-Präsidentin Erdsiek-Rave betonte, verstehen die Kultusminister die Änderungen als "Konsensangebot". Dieses solle im Interesse einer einheitlichen Rechtschreibung nun auch von den "bisher kritisch eingestellten Teilen der Öffentlichkeit und insbesondere von allen Verlagen und Publikationen" angenommen werden.

Noch ist jedoch unklar, ob zum Beispiel der Axel Springer Verlag oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung den neuen Regeln folgen werden; sie hatten die Reform von 1996 nicht übernommen beziehungsweise waren später zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt.

Österreich wird die korrigierte Reform vermutlich übernehmen. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer sagte, zunächst müsse ein innerösterreichischer Konsens hergestellt werden.

Die Schweiz will nach einer eigenen Bewertung der deutschen Beschlüsse über eine Übernahme entscheiden. Dafür ist ein ausführliches Anhörungsverfahren vorgesehen.

© SZ vom 3.3.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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