Provinzposse in Weimar:Einmal Ungnade und zurück

Lesezeit: 2 min

Unbemerkt sollte Stephan Märki, Intendant des Nationaltheaters Weimar, aus dem Amt gejagt werden. Doch so einfach ist das nicht. Nun müssen Stadt und Land zurückrudern.

Christopher Schmidt

Als im vergangenen Jahr der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus selbst das Heft in die Hand nahm und das Weimarer Nationaltheater zum Staatstheater ernannte, sah alles danach aus, als nähme eine lange und leidvolle Geschichte doch noch ein glückliches Ende. Es ist dies eine Geschichte, die von Mut, Opferbereitschaft und Erfindungsgeist handelt, und ihr Held ist der Weimarer Generalintendant Stephan Märki, der seit seinem Amtsantritt im Jahr 2000 um den Erhalt des Nationaltheaters kämpft und die Fusion mit dem Theater in Erfurt immer wieder abwenden konnte.

Zurück aus der Ungnade: Stephan Märki (Foto: Foto: dpa)

Doch wie das in einem Heldenepos zu sein pflegt, diejenigen, gegen die Märki obsiegt hatte, sannen auf Rache. Nachdem sie die Staatstheaterwürde nicht verhindern konnten, wollten sie Märki für die Schmach der Niederlage büßen lassen und ihn unter der schützenden Hand des Landesvaters unbemerkt aus dem Weg räumen.

Also machte der Aufsichtsrat des Theaters in der vergangenen Woche von seiner Sperrminorität Gebrauch und setzte die Personalie Märki auf die Tagesordnung. Mit nur einer Stimme Mehrheit wurde beschlossen, den Vertrag des Intendanten nicht zu verlängern und noch im Laufe des Oktobers eiligst einen Nachfolger zu inthronisieren.

Dagegen regte sich jedoch sofort massiver Widerstand, Parteien und Verbände protestierten, und am vergangenen Freitag brachten mehrere hundert Menschen vor dem Weimarer Theater ihre Solidarität mit dem Intendanten zum Ausdruck. Dem öffentlichen Druck hat sich der Weimarer Oberbürgermeister nun gebeugt.

Nachdem er auch wegen des Verkaufs des Hauses der Frau von Stein in die Kritik geraten ist, fürchtet OB Stefan Wolf offenbar um sein politisches Überleben und will jetzt doch wieder mit Märki verhandeln. Diesem war vom Freistaat Thüringen die Verlängerung bereits zugesagt worden; ehe es jedoch dazu kam, war der damalige Kultusminister Jens Goebel schon nicht mehr im Amt. Dessen designierter Nachfolger Peter Krause, der dann wegen seiner Nähe zur Neuen Rechten verzichten musste, hatte gezielt Stimmung gemacht gegen Märkis Theater, das ihm zu wenig volkstümlich dünkte. Aber auch Weimars Oberbürgermeister wollte den Intendanten los sein. Wolf berief sich dabei auf Märkis angeblich fehlende Gesprächsbereitschaft, was die finanzielle Zukunft des Theaters angehe. Dabei war es der Aufsichtsrat gewesen, der Märki die glühenden Zangen einer Strukturkommission anlegen wollte.

Kultusminister Müller ist inzwischen ebenfalls abgerückt vom Beschluss des Aufsichtsrates, dessen Vorsitzender er ist. Er sagt nun, die Kritik an Märki sei unbegründet und als Argument nachgeschoben worden.

© SZ vom 07.10.2008/rus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: