Planung:Ein Abschied und ein Neuanfang

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Die Leiter der Städtischen Museen stellen ihre Programme vor - letztmals Winfried Nerdinger, erstmals Sabine Rinberger

Von Evelyn Vogel, München

Scheiden tut weh, heißt es im Volksmund. Für Winfried Nerdinger, seit Oktober 2012 Gründungsdirektor des 2015 eröffneten NS-Dokumentationszentrums in München, scheint das jedenfalls zuzutreffen. Im Kulturausschuss stellte der 73-Jährige, der im Frühjahr sein Amt an Mirjam Zadoff übergeben wird, letztmals in seiner Funktion die Schwerpunkte des Programms des Dokumentationszentrums vor. Dabei konnte er wohl seinen Abschiedsschmerz nicht ganz verbergen. Es sei etwas emotional zugegangen, war zu hören. Ansonsten aber war die Programmvorstellung der städtischen Museen wie meist von großer Vorfreude geprägt.

Das NS-Dokumentationszentrum wird sich anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Technischen Universität München von Mai an mit der NS-Vergangenheit der Hochschule beschäftigen. Von Herbst an widmet man sich der Verfolgung der Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus. Im März wird es mit der "Spring School" im Rahmen der aktuellen Ausstellung "Nie wieder. Schon wieder. Immer noch. Rechtsextremismus in Deutschland seit 1945" zudem eine Tagung über Rechtsextremismus geben.

Das Stadtmuseum widmet sich ebenfalls einem Aspekt der NS-Vergangenheit: "Ehem. jüdischer Besitz - Erwerbungen des Münchner Stadtmuseums im Nationalsozialismus", heißt die große Jahresausstellung, die am 27. April beginnt. Einen Blick auf die Dachlandschaft Münchens wirft die Schau "Die Dächer Münchens - Modelle zur historischen Ingenieurbaukunst", die im Mai auf dem Programm steht. Mit der "12. Münchner Bücherschau Junior" und "Kuckuck. Theaterfestival für Anfänge(r)" richtet man sich an die jüngeren Museumsbesucher. Das Internationale Figurentheaterfestival im Oktober hält für Groß und Klein Veranstaltungen bereit. Und ebenfalls im Oktober beginnt im Stadtmuseum die Ausstellung "Wunderkammer - Frank Soehnles Figurentheater im Dialog mit der Sammlung Puppentheater". Um das Thema Integration wird im Herbst die Ausstellung "Migration bewegt die Stadt. Neue Perspektiven auf ,Typisch München!'" ergänzt. "Die Weite des Horizonts. Zeitgenössische Fotografie aus der Sammlung der DZ-Bank" heißt die hochwertige Foto-Ausstellung im Stadtmuseum, die Ende November beginnen wird. Aber auch der fotografische Nachwuchs wird weiter gefördert, mit zwei Ausstellungen in der Forum-Reihe.

Humorvoll-kritisch setzt sich der israelische Künstler Eran Shakine von Februar an im Jüdischen Museum mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der drei großen Weltreligionen Islam, Christentum und Judentum auseinander. Dem Benediktinerkloster Sankt Ottilien und seiner jüdische Geschichte von 1945 bis 1948 widmet sich das Museum von Mai an. Zum 80. Jahrestag des Novemberpogroms erinnert eine Ausstellung an den Raub jüdischer Ritualobjekte aus bayerischen Synagogen.

Die Städtische Galerie im Lenbachhaus wird im Frühjahr seine Sammlung der Kunst nach 1945 in einem anderen Licht präsentieren. Eine Licht- und Sound-Installation ist "White Circle", die 2016 zum 20-jährigen Bestehen des Labels für elektronische Musik "raster-noton" entstand und im Frühsommer im Kunstbau gezeigt wird. Ihr folgt an gleicher Stelle die ungleich berühmtere Lichtinstallation von Dan Flavin "Untitled for Ksenija". Dem Münchner Künstler und Professor Stephan Dillemuth widmet das Lenbachhaus von April an eine Ausstellung und von Oktober an geht es in der Schau "Phantastisch!" um Alfred Kubin und seine Beziehung zum Blauen Reiter. Der Entdeckung einer ungewöhnlich parallelen Entwicklung in der abstrakten Bildsprache von Georgiana Houghton in England, Hilma af Klint in Schweden und Emma Kunz in der Schweiz will die Ausstellung "Weltempfänger" im Kunstbau schließlich auf den Grund gehen (von November an).

Im Museum Villa Stuck freut man sich auf ein Jubiläum: Vor 50 Jahren eröffnete die renovierte Villa als Museum mit einer Ausstellung zu Franz von Stuck. Daran will man im März erinnern und hievt die Kolossalstatue der pfeilschießenden Amazone aus dem Vorgarten zurück in das Ateliergebäude, in dem sie entstand. Bereits im Februar wird die angewandte Kunst in feinsten Materialien von Rudolf Bott gezeigt. Und im Sommer werden die zeichnerischen Tagebücher des kolumbianischen Künstlers José Antonio Suárez Londoño vorgestellt. Im Herbst beschließt man mit Thomas Hirschhorns Ausstellung "Never Give Up The Spot" das Jubiläumsjahr, nicht ohne in der Richochet-Reihe den Münchner Künstler Christian Hartard vorgestellt zu haben.

Neu in der Runde der Programm vorstellenden Museumsleiter im Kulturausschuss war Sabine Rinberger vom Valentin-Karlstadt-Musäum, das seit Jahresbeginn unter städtischer Trägerschaft arbeitet. Auch wenn das Museum als Teil eines so großen Apparats gewiss eine Menge Verwaltungsarbeit zu leisten hat, so plant man doch fleißig weiter. Von März an soll es um den Münchner Maler Josef Giggenbach gehen. Im Juni erinnert man in einer Doppelausstellung im Museum und im Innenhof des Isartors an den 70. Todestag von Karl Valentin. Und im Herbst werden anlässlich des 100. Revolution-Jubiläums in Bayern Revolutionszeichnungen von Heinrich Kley gezeigt. Dazu plant Rinberger Konzerte, Lesungen, Kabarettabende und Matineen im Turmstüberl des Museums. Für die 50-Jährige war es eine Art Neuanfang im Kulturausschuss. Dabei ist sie, Valentin hätte vielleicht gesagt, eine "Alte Häsin", leitet sie doch die Geschicke des kleinsten städtischen Museums Münchens seit 2004.

© SZ vom 13.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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