Personalie:Endlich Ruhe

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Der zukünftige Mailänder Opernintendant Dominique Meyer wurde 1955 im Elsass geboren und ist seit 1986 im Opernsektor tätig, derzeit als Chef der Wiener Staatsoper. (Foto: dpa)

Die Mailänder Scala macht Dominique Meyer zum Intendanten. Eine Idealbesetzung - zumindest für das konservative Publikum dieses Traditions-Opernhauses.

Von Reinhard J. Brembeck

Dass auf Unruhe und Verunsicherung die Sehnsucht nach Konsolidierung und Sicherheit entsteht, ist in allen Bereichen zu beobachten. Auch in der Oper. So verwundert es wenig, dass die Mailänder Scala jetzt von ihrem quirligen Intendanten Alexander Pereira, der immer wieder und zuletzt mit einem zweifelhaften Finanzdeal mit den Saudis aneckte, nach nur fünf Jahren genug hatte und jetzt mit Dominique Meyer einen Nachfolger bereits für den Sommer 2021 berief, der sehr viel ruhiger ist als Pereira und nicht ansatzweise so provokant auftritt wie dieser.

Meyer ist ein Wiener Diplomatensohn, der in Frankreich und Deutschland aufwuchs, in Paris Wirtschaft studierte und darauf in leitenden Ämtern an den Opernhäusern von Paris, Lausanne, dem Théâtre des Champs-Élysées und seit 2010 an der Wiener Staatsoper arbeitete. Dabei ist Meyer nie als künstlerisch visionärer oder gar gesellschaftskritischer Neuerer aufgefallen wie sein Antipode Gerard Mortier.

Statt dessen denkt Meyer den Opernbetrieb von innen heraus. Er weiß darum, dass dies ein konservatives Gewerbe ist, er respektiert das und setzt bei seinen Erneuerungsversuchen da an. Als studierter Wirtschaftsexperte hat er immer die Zahlen im Blick, weiß Auslastung und Einspiel stets zu steigern. Zudem ist er bei weitem nicht so streitbar wie es Mortier einst war, er sucht nie den offenen Konflikt. Trotzdem konnte er in Wien weder Franz Welser-Möst noch Bertrand de Billy als Dirigenten halten. Er arbeitet dort derzeit ohne Chefdirigenten und in Mailand wird sich zeigen, ob der dortige Musikchef Riccardo Chailly bleiben wird.

So sehr sich Meyer um Sängerstars und den Sängernachwuchs kümmert, so wenig liegen ihm Experimente und Inszenierungskühnheiten am Herzen, da ähnelt er durchaus Alexander Pereira. Erst gerade hat Meyer damit begonnen, an der Wiener Staatsoper wieder Uraufführungen zu zeigen. Was sich in seiner sonstigen Programmatik, die so ganz aufs konservative Wiener Staatsopernpublikum zugeschnitten ist, sonderbar ausnimmt. Das Publikum in Mailand ist nicht weniger konservativ und findet jetzt in Meyer seinen idealen Anführer.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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