Open-Air-Festival:Schlamm und Donner

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Bester Laune auch bei Regen: die Fans beim Puls-Open-Air. (Foto: BR/Julia Müller)

Tausende Besucher feiern bei "Puls" in Kaltenberg

Von Judith Nikula, Kaltenberg

Als die Crystal Fighters die Bühne betreten, geht gerade die Sonne unter. Bunte Lampions leuchten in den Bäumen, Seifenblasen schweben durch die Luft, das Publikum trägt Blumen im Haar. "Schenkt euch Liebe", rufen die Musiker und formen Herzchen mit den Händen. Prompt fallen die jungen Zuschauer einander um den Hals, entzünden Wunderkerzen und Feuerzeuge und singen lauthals zum elektronischen Sound von "Follow".

Mehr als 7000 Besucher haben auf dem ersten Puls Open Air auf Schloss Kaltenberg gefeiert. An die 40 Bands und DJs spielten auf den drei Bühnen in der mittelalterlichen Kulisse. "Sieht ein bisschen aus wie ein Freizeitpark", findet Moritz von OK Kid, bevor er mit seiner Band zwischen den Schlosstürmen auftritt. "Wir freuen uns, hier zu sein", ruft Sänger Jonas ins Publikum. Hunderte Menschen drängen sich vor der Bühne, schmeißen Konfetti in die Luft, tanzen selbst dort, wo sie die Musiker inmitten der Imbissbuden nicht sehen können. Zwischen zwei Songs will sich ein Festivalbesucher mit Vokuhila-Perücke eine Portion Pommes kaufen, doch sein Kumpel hält ihn energisch am Arm zurück. "Wir sind hier auf einem bayerischen Festival", ruft er erschüttert und drückt ihm eine Portion Käsespätzle in die Hand. Dann stimmen OK Kid "Ich kann alles" an und die Freunde grölen textsicher mit. Nach ihrem Auftritt schlendert die Band über das Gelände, will sich nach "ein, zwei Gin" die Sets von Gold Magic und Schlachthofbronx auf der Waldbühne anhören. Zahlreiche Elektro-Liebhaber tanzen bis fünf Uhr auf den Rängen vor den DJs.

Zwei Stunden später auf dem Campingplatz. Um 6.45 Uhr früh ertönt ein schrilles Klingeln. "Wer nimmt schon einen Wecker mit auf ein Festival?", schreit jemand wutentbrannt aus seinem Zelt. Dann setzt der Regen ein. War der Boden tags zuvor schon aufgeweicht, hat er sich über Nacht in ein Meer aus rutschigem Schlamm verwandelt. Gummistiefel werden ausgepackt, Regenponchos übergeworfen, doch die gute Laune bleibt angesichts der großartigen Auftritte von , Milky Chance und Roosevelt. "Ohne Regen wäre es sowieso kein richtiges Festival", finden Lenni und Michi aus Poing bei München, die entspannt unter ihrem Pavillon sitzen und grillen.

Nachmittags gehen die Studenten zum Auftritt von Kakkmaddafakka. Es blitzt und donnert, während die fünf Norweger die Bühne betreten, doch das Publikum tanzt fröhlich weiter, einige mit Sonnenbrand vom Vortag. "Applaus für die Menschen im Regen", ruft Sänger Axel Vindenes. Wenige Meter entfernt hat sich vor der zweiten Bühne ein meterlanger See vor den Musikern von Meute gebildet. Als dann eine instrumentale Brass-Version von Deichkinds "Remmidemmi" erklingt, übernimmt das Publikum kurzerhand den Gesangspart und springt durch die knöcheltiefen Pfützen. Nichts hält es bei diesem Open Air vom Tanzen ab, auch nicht das stärkste Unwetter.

© SZ vom 14.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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