Oliver Stones Film über George W. Bush:Drang nach Anerkennung

Lesezeit: 3 min

"W", Oliver Stones Film über George W. Bush, sorgt bereits während der Dreharbeiten für Aufregung: Nach neuesten Deutungen stellt der Star-Regisseur die Karriere des Präsidenten als Vater-Sohn-Konflikt dar.

Es ist eine Unterhaltung, wie sie jeder Vater mit seinem Sohn haben könnte: ein kurzer Schwatz über Baseball, Familienangelegenheiten und die neuesten Nachrichten. Wenn die zwei Plauderer allerdings der frühere US-Präsident George H. W. Bush und sein Sohn George W. Bush sind, kann auch ein scheinbar unverfängliches Gespräch Gewicht bekommen - besonders wenn es von Oliver Stone dirigiert wird.

Davon konnte sich ein Reporter der Los Angeles Times in einer schwülen Juninacht ein Bild machen: am Set von Stones neuesten Film "W" über die politische und psychologische Entwicklung des derzeitigen US-Präsidenten George W. Bush.

Die fiktionale Unterhaltung zwischen Sohn und Vater aus dem Jahr 1990 entwickelt dann auch schnell mehr Dramatik, als es das belanglose Gespräch zunächst vermuten lässt: Es geht um den Umgang mit Saddam Hussein, den der jüngere Bush in Stones Interpretation schon damals entfernen wollte. Doch Vater Bush zögerte, und was dann folgte, ist bekannt: Saddam schikanierte sein Volk weiterhin, und zwar trotz der amerikanischen Invasion in den Irak.

Ambitionierter Zeitplan

Mit dieser Mischung aus Fiktion und Tatsachenbeschreibung sorgt der Film in den USA schon jetzt für Aufsehen - schließlich soll er in diesem politisch heißen Herbst in die Kinos kommen. Dabei begannen die Dreharbeiten in Louisiana erst im Mai. "Mein bislang schnellstes Projekt!", betont Stone, der jeden Grund zur Eile hat: Seine Hauptfigur wird noch im Amt sein, und die Verleiher würden gern die Filmtrailer parallel zu den Wahlspots des republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain platzieren.

Ein "faires, wahrhaftiges Porträt" verspricht der Regisseur, der allerdings in seinen bisherigen Filmen "Platoon", "Salvador", "Wall Street", "Geboren am 4. Juli" oder "JFK" offen politisch Partei ergriff. Etliche Beobachter nehmen Stone die angekündigte Überparteilichkeit daher nicht ab. Selbst Hauptdarsteller Josh Brolin war nur widerwillig in das Projekt eingestiegen. Er hatte einen politisch weit links stehenden Verriss von Bushs Amtszeit erwartet, doch die Lektüre des Drehbuchs belehrte ihn eines Besseren: "Es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte", sagte er der Los Angeles Times.

Angesichts der katastrophalen Umfragewerte für Bush, die derzeit bei einer Zustimmungsrate von etwa 20 Prozent liegen, wollen Brolin und Stone nach eigenem Bekunden nicht auf einen Mann einprügeln, der bereits am Boden liegt: "Selbst eingefleischte Republikaner werden mit dem Film leben können", sagte Brolin der Los Angeles Times: "Es ist kein politischer Film - es ist eine Biographie. Die Zuschauer werden daran erinnert, dass dieser Typ ein Mensch ist. In der realen Welt wird ihm das ständig abgesprochen, wenn er als 'Idiot', 'Marionette' oder als 'Gescheiterter' abqualifiziert wird. Im Film wollen wir wissen: Wie wächst ein Mensch auf und wird die Person, die er ist."

"Beschränkte Talente"

Regisseur Stone, ein ehemaliger Klassenkamerad von George W. Bush am College in Yale, ist als bekennender Demokrat mit Sicherheit kein Fan der Bush-Politik. Allerdings gibt er sich beeindruckt von der Ausdauer und dem Ehrgeiz seines ehemaligen Kommilitonen. Sein Film soll die Geschichte eines Jungen erzählen, der sich den Respekt des Vaters erkämpft, indem er zum mächtigsten Mann der Welt aufsteigt.

Der Film besteht aus drei Teilen: Bushs ausschweifende Jugend mit mittelmäßigen Schulleistungen und einem hohen Alkoholkonsum, seine Läuterung und Hinwendung zur Religion und schließlich seine erste Amtszeit im Weißen Haus.

Bei dieser Dramaturgie kann der Bush-Leinwand-Effekt nicht immer positiv ausfallen: Stones Script verzeichnet peinliche Momente wie jenen, da sich Bush beim Fernsehgucken fast fatal an einer Bretzel verschluckt hätte, eine Gesangseinlage in Yale, eine Nacht, in der Bush mit seinem Wagen auf den Rasen vor dem Elternhaus parkt und den Vater anpöbelt ("Thank you, Mr. Perfect. Mr. War Hero. Mr. F---ing-God-Almighty!"), ein dubioses Treffen mit Tony Blair, in dem er wüste Pläne entwickelt, um einen Krieg mit dem Irak anzuzetteln: Man müsste ein UN-Flugzeug nach Bagdad schicken und Saddam dazu bringen, es abzuschießen . . .

Rollenbesetzung gestaltet sich schwierig

Politischer Sprengstoff also, dessentwegen die großen Studios nichts mit Stones Projekt zu tun haben wollten. Jetzt dreht er den Film in Zusammenarbeit mit der unabhängigen Produktionsfirma QED International. Viele Schauspieler schreckten ebenfalls zurück, die Quote der Republikaner unter ihnen ist ab einem bestimmten Alter erstaunlich hoch. So tat sich Stone schwer, die wichtige Rolle des Dick Cheney zu besetzen. Inzwischen ist die Besetzung des Films aber vollständig: Neben Josh Brolin als George W. Bush, sind noch Elizabeth Banks als Laura Bush, James Cromwell als Vater George H. W. Bush, Richard Dreyfuss als Cheney, Toby Jones als Karl Rove und Scott Glenn als Donald Rumsfeld vertreten.

Den Ärger, den er sich auch mit diesem Film mit Sicherheit einhandeln wird, nimmt Stone fürs Erste gelassen: "Dieser Film kann komischer sein, weil Bush komisch ist - wie er immer Grimassen schneidet ... Also lasst uns einfach unseren Spaß damit haben."

© sueddeutsche.de/pak/korc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: