Nord-Süd-Konflikt:Saupreuß gegen Seppl

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Norddeutsche halten wenig von Süddeutschen - und umgekehrt. Die Sylt-Autorin Dora Heldt und der bayerische Kabarettist Hannes Ringlstetter wagen eine Annäherung.

Von Hans Kratzer

Seit Jahrhunderten wird die deutsche Geschichte von Nord-Süd-Konflikten geprägt. Nach wie vor pflegen die Bayern mit den Oberösterreichern und Tirolern mehr Gemeinsamkeiten (Sprache, Brauchtum, Kochkunst) als mit den Brüdern und Schwestern aus dem Norden der Republik. Dass man den Gästen aus Bayern gerne mit Spott und Abneigung begegnet, zeigt sich besonders in den Fußballstadien: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus . . .!", skandieren dort die Fans. In den Berliner Talkshows genießen bayerische Politiker den Status von Sonderlingen, über die der Rest der Republik nur den Kopf schüttelt.

Wenn die oberpfälzische Bundestagsabgeordnete Marianne Schieder im Parlament zu reden beginnt, wie ihr der Schnabel gewachsen ist, provoziert sie damit auf den Rängen des Bundestags Heiterkeit und Häme. Die Wurzeln dieser Abneigung gründen tief in der Geschichte. Johann Christoph von Aretin hat diese Grundstimmung schon 1810 präzise erläutert: "Die Nordteutschen verachten und hassen die Südteutschen, glauben sich weit vor ihnen voraus." Der Hass der Süddeutschen auf die Norddeutschen wiederum rührt vom 1866er Krieg zwischen Preußen und den unterlegenen Bayern her. Als sie 1870/71 zusammen mit den Preußen abermals in den Krieg ziehen mussten, skandierten die Bauernburschen: "Mir mögen net preißisch werden!"

Der Saupreuße wurde nach dem erzwungenen Reichsbeitritt Bayerns 1870/71 zum pejorativen Generalbegriff

Die hiesigen Zeitungen druckten erstmals das Wort "Saupreußen". Der Saupreuße wurde nach dem erzwungenen Reichsbeitritt Bayerns 1870/71 zum pejorativen Generalbegriff für alles, was aus dem Norden nach Bayern eingedrungen ist. Viele Bayern wiesen später auch die Schuld an den Weltkriegen dem übersteigerten preußischen Militarismus zu.

Umgekehrt hagelte es nach dem Eintritt ins Deutsche Reich anno 1871 bis hinein in die frühe Bundesrepublik Kritik, Spott und Diffamierung über die Bayern. Noch 1896 behauptete die "Allgemeine Deutsche Biografie", die Bayern seien unter den übrigen Völkerschaften geistig am meisten zurückgeblieben. Als stur und widerständig sind sie seit Menschengedenken verschrien.

Nachdem der Autor Wilfried Scharnagl vor Jahren für einen eigenen Staat Bayern plädiert hatte ("Bayern kann es auch alleine"), folgte eine scharfe Replik aus dem Norden. Der Spiegel lästerte, die Seppls sollten ruhig auch noch eine Mauer um ihren Freistaat errichten, "auf dass möglichst wenig Oktoberfeststimmung in den Rest des Landes schwappt."

Im Süden rufen solche Attacken stets Trotzreaktionen hervor. Noch lieber aber vermarkten sie ihr Hinterwäldlertum touristisch, um sich dann halb tot zu lachen über jene Preußen, die darauf hereinfallen.

Eine humorvolle Annäherung im Nord-Süd-Konflikt ist dennoch möglich; zumindest versuchen sich daran die Krimi-Autorin Dora Heldt und der Regensburger Kabarettist Hannes Ringlstetter. Gemeinsam bestreiten sie einen Abend im Gasteig und stellen dabei Heldts neuen Sylt-Roman "Wir sind die Guten" vor. Donnerstag, 16. November, Black Box, 19 Uhr

© SZ vom 02.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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