Nightlife:Ende von Indie

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Die Münchner DJ-Größe Sir Hannes hört auf

Von Dirk Wagner, München

"Ich beende meine Kariere auf meinen eigenen Wunsch", betont Hannes Liebl alias Sir Hannes in der Einladung zu seinem letzten DJ-Set an diesem Freitag im Bahnwärter Thiel. 20 Jahre zählte er zu den führenden Indie-Rock-DJs dieser Stadt, wobei er auch den Sound im legendären Atomic Café mitgeprägt hatte. Oder war es umgekehrt, und das Atomic Café hatte seinen Sound geprägt? Bei den dortigen Resident-DJs war das kaum zu unterscheiden. Zumal der Club weit über die Stadtgrenzen hinaus einen so guten Ruf genoss, dass es hier schon die größere Kunst gewesen wäre, als DJ eine Party zu verhindern. "Selbst die schlechteren Tage waren dort besser besucht als so mancher heutige Club in den guten Zeiten", sagt Sir Hannes, der glaubt, dass überhaupt nicht mehr so viele Menschen wie früher auf Indie-Rock-Partys gehen. Die, die kommen, wollen bevorzugt zu den immer gleichen Mega-Hits tanzen. Nicht dass Hannes diese nicht spielen möchte. Doch eigentlich genießt er eine Mischung aus bekannten Songs und neuen, noch zu entdeckenden Musikstücken, die auch mal in einem einzigen Club zum Hit reifen können. Wer würde nicht den The Mamas & The Papas-Hit "Dream A Little Dream" mit den DJ-Sets der Fotografin Cloat Gerold verbinden, die mit dem Song stets ihren Clubabend schloss?

In dieser Hochblüte der Indie-Disco, die im Substanz, im Keller und im Atomic Café erstarkte, konnte auch der Schallplattenhändler aus Passion, Hannes Liebl, sein Musikwissen beweisen. Ein befreundeter DJ hatte ihm dazu geraten, nachdem ihm die Mixtapes in Liebls Auto gefielen. Als der dann vor 20 Jahren auf dem Geburtstagsfest des damaligen TSV-1860-München-Fan-Beauftragten Axel Dubelowski auflegte, wurde er vom Münchner Veranstalter und Club-Betreiber Frank Bergmeyer entdeckt. Sir Hannes, wie er sich nun als DJ nannte, legte bald schon auf Pre-Partys zu Snowboard-Messen auf. "Sonntagabends. Und die Hütte war voll", schwärmt Liebl, der mittlerweile trotz guter Werbung nicht weiß, ob sein nächster DJ-Abend ein gut besuchter sein wird. Wenn dann noch ein Teil der Besucher vor der Tür steht, um draußen zu rauchen, ist die Party eh fast gelaufen, fügt er hinzu. Letztlich lastet er es aber dem Internet mit seinen Streaming-Möglichkeiten an, dass die Musikrezeption sich in den letzten Jahren verändert hat.

© SZ vom 15.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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