Neues Album:Vertriebene Dämonen

Lesezeit: 2 min

Lange war Beth Hart wegen einer bipolaren Störung drogensüchtig. Im Circus Krone präsentiert sie sich als gesunde, komplette Sängerin

Von Oliver Hochkeppel

Über ihr damaliges Album "Better Than Home" hat sich Beth Hart vor zwei Jahren eher pflichtgemäß unterhalten. Ein Glitzern in den Augen sah man erst, wenn sie den Blick vorauswarf auf "Fire On The Floor", das bereits in der Mache war und das sie nun im Circus Krone vorstellt. Steckte doch darin ihr ganzes Herzblut. Nicht nur hatte sie daran ganz ohne Zielvorgaben der Plattenfirma arbeiten und ihr Spektrum entscheidend erweitern können, es ist auch ihr erstes Album, auf das kein Schatten von Harts alten Dämonen fiel.

Denn die heute 45-jährige Sängerin, mit 20 in der amerikanischen Castingshow "Star Search" entdeckt, erregte die längste Zeit ihrer Karriere nicht nur wegen ihrer markanten Stimme Aufsehen, sondern auch wegen ihrer Drogenexzesse. Heute spricht sie ganz offen über ihren Alkoholismus und ihre Heroinsucht, ist doch die Wurzel des Übels endlich erkannt und beseitigt: Erst vor ein paar Jahren hat man bei Hart eine bipolare Störung (früher als "manisch-depressiv" bezeichnet) diagnostiziert, die seither entsprechend behandelt wird. "Die Drogen waren bei mir der Ersatz für die Medizin, die ich nicht bekommen habe," erzählt sie. Und freut sich über das Glück, all das überlebt zu haben, "anders als so viele, bei denen es nicht oder zu spät erkannt wurde", wie sie sagt.

Schaut nicht nur gut aus, fühlt sich endlich auch gut: die amerikanische Sängerin Beth Hart. (Foto: Mona Nordøy)

Ohnehin sei es die Musik gewesen, die sie gerettet, ihr auch in den schlimmsten Phasen den Rest Energie gegeben habe, weiterzumachen. Und die Liebe ihres Mannes Scott natürlich, eines sanften Riesen, der zugleich ihr Manager, Roadie und Betreuer ist. Man möchte sich also lieber nicht vorstellen, wie es in ihr ausgesehen hat, als sie 1996 mit dem Album "Immortal" als Bluesrock-Röhre auf den Spuren von Melissa Etheridge oder Janis Joplin (die sie später auch im Musical "Love, Janis" verkörpern durfte) groß herauskam. Als sie drei Jahre später ihre Abhängigkeit zum Thema des Albums "Screaming For My Supper" machte und den "L.A. Song" mit einem extravaganten Auftritt bei David Letterman zu einem Alternative-Hit. Oder als sie ihre Leiden und Entziehungskuren wieder und wieder aufarbeitete, bis 2012 auf "Bang Bang Boom Boom" erstmals Songs über die Liebe schreiben konnte.

Natürlich haben ihr auch Kollegen geholfen, allen voran Stargitarrist Joe Bonamassa, mit dem sie zwei Alben einspielte und mehrere Tourneen bestritt. Auch ihre nächste CD wird wieder eine Gemeinschaftswerk mit ihm. Jetzt aber steht im Circus Krone erste einmal "Fire On The Floor" auf dem Programm, ihr emotionaler wie künstlerischer Befreiungsschlag. Davon zeugt schon der soulige Titeltrack oder "Jazz Man", bei dem sich cooler Jazz in ihre rauhe Bluesstimme mischt. So wie später Pop ("Let's Get Together") und Singer/Songwriter-Folk ("Picture In A Frame"). Aus der Bluesröhre ist eine komplette Sängerin geworden.

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Beth Hart , Montag, 29. Mai, 20 Uhr, Circus Krone, Marsstraße 43

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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