Neue TV-Serie: "Private Practice":Californication des Kaiserschnitts

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Das Kinderkriegen hat an Attraktivität gewonnen: Die Serie "Private Practice", die nun auf Pro Sieben läuft, verfolgt privilegierte Kalifornier und ihre Freude an der Fruchtbarkeit.

Eva Marz

Auf den ersten Blick erklärt sich der Erfolg von "Private Practice" - die 2007 erfolgreichste neue Serie im amerikanischen Fernsehen - vielleicht aus der simplen Tatsache, dass sie als Spin-Off, Ableger der bekannten Mediziner-Serie "Grey's Anatomy" ungefähr dasselbe in OP-Grün zeigt: nämlich das unglückliche Liebesleben urbaner junger Ärzte.

Schöner entbinden: Ka-Dee Strickland spielt Dr. Charlotte King. (Foto: Foto: Pro Sieben)

Ausgedacht von der selben Autorin, aufgebaut um eine Anatomy-Heldin, die sagt: "Ich verändere nun mein Leben", die Kollegen in Seattle verlässt und in einer Privatklinik in Los Angeles einen neuen Job antritt. In Deutschland läuft die Serie nun mittwochs auf Pro Sieben, und wer sich eine Folge ansieht, merkt schnell, dass sie doch ganz andere Sehnsüchte bedient als die Hektik und Nervosität der in kühles blaues Licht getauchten Anatomen vom Seattle Grace Hospital.

Wasser, Sonne, Strand und Ärzte in Flip-Flops - der in warmen Orangetönen inszenierte Mythos Kalifornien bildet den freundlichen Rahmen für das Wirken der "Weltklasse-Neonatal-Chirurgin" Dr. Addison Montgomery (Kate Walsh), die privilegierten Müttern wundervolle Babys auf die Welt bringen hilft.

Dass das Kinderkriegen in den vergangenen Jahren ganz enorm an Attraktivität dazugewonnen hat, lässt sich allein daran ablesen, dass Schauspieler, Models und überhaupt Menschen, deren Erfolg maßgeblich an ihrem medialen Image und Sympathiewert hängt, auffällig darum bemüht waren, Kinder zu bekommen und die Welt davon wissen zu lassen. Mit dieser Popularität mag es auch zu tun haben, dass die amerikanische Autorin und Produzentin Shonda Rhimes - 2007 vom Time-Magazine unter die 100 "einflussreichsten Menschen, die unsere Welt formen" gewählt - auf die Idee kam, eine neue Serie rund um eine Medizin des freudigen Ereignisses ins Fernsehen zu bringen.

Wie im Liebesakt

"Private Practice" zeigt, wie privilegierte Schwangere in einem teuren kleinen kalifornischen Privat-Krankenhaus entbinden. Weil derzeit auch die alternative Medizin boomt, haben sie dabei große Akupunktur-Nadeln in ihren Ohrmuscheln stecken. Wird in letzter Minute ein Kaiserschnitt fällig, so kann der Alternativ-Mediziner und "Heiler" Dr. Pete Wilder (Tim Daly) ganz ohne Narkose die Schmerzzentren blockieren. Weil Mütter und Väter neuerdings immer älter werden ist in dieser Klinik namens Oceanside Wellness Center auch Dr. Naomi Bennett (Audra McDonald), Fertilitätsspezialistin für den unerfüllten Kinderwunsch, stets präsent.

Sex kommt ins Spiel und ins Bild über das täglich beim Pausen-Kaffee unter Kollegen etwas teenagerhaft besprochene Flirt- und Liebesleben der Ärzte. Aber am Ende durchaus auch über die Entbindungsszenen - denn in der filmischen Inszenierung haben Frauen in den Wehen ihren ganz eigenen Sexappeal: Das Stöhnen, die verzerrten Gesichter, die angewinkelten Beine wirken dann irgendwie ähnlich wie bei einer Frau im Liebesakt.

Private Practice, Pro Sieben, 22.15 Uhr.

© SZ vom 20.2.2008/kur - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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