Neue DVD: "Who Put the ,M' in Manchester?":Alles Gute, Du Bastard!

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Blumen, Schweiß und Tränen. Und ab jetzt nur das Beste zum Wiegenfeste. Wünscht Oliver Fuchs aus Anlass einer neuen DVD dem einzigen, dem letzten echten Mann aus Manchester: Steven Patrick Morrissey.

OLIVER FUCHS

Take me out tonight / where there's music and there's people / who are young and alive: Nie klangen diese Worte sehnsuchtsvoller und wahrhaftiger aus dem Mund von Steven Patrick Morrissey als am 22. Mai 2004, dem Abend seines 45. Geburtstages - die Schläfen sind grau, das Gesicht faltenzerfurcht, an der Hüfte zwickt das Hemd.

Manche sind so lebendig, dass sie ihm auf die Bühne entgegenspringen, dabei an der Absperrung hängen bleiben. (Foto: (Foto: Sanctuary))

Take me out tonight / because I want to see people and I want to see lights ... Das Licht ist perfekt, und es sind viele junge und lebendige Menschen da. Manche sind so lebendig, dass sie ihm auf die Bühne entgegenspringen, dabei an der Absperrung hängen bleiben und dann, zappelnd und heulend und nach Luft japsend, vom Ordnungspersonal in den Sanitätsbereich geleitet werden.

Das sind unerwartete Momente der Entgrenzung, ja Mann, das ist fast schon Rock'n'Roll.

Echten Schweiß und echte Tränen hat Morrissey, einst Anführer der Anti-Rock'n'Roll-Band The Smiths, immer gescheut wie ein Supermodel kohlenhydrathaltige Nahrung nach 18 Uhr.

Aber hey, das ist sein Geburtstag und, nochmal hey, das ist Manchester, die tollste Stadt Englands, die Stadt, in der er geboren wurde und kurz darauf berühmt und verhasst, die Stadt, die er verlassen hat und die ihn jetzt trotzdem triumphal willkommen heißt - da gehen selbst einem menschenscheuen Griesgram wie ihm die Gäule durch.

Am Ende reißt er sich das Hemd vom Leib und ruft "God bless you - thank you - I love you" und fügt leise hinzu: "Please don't forget me!". Schimmert da eine winzige Träne im Auge des Sängers?

Nun, Tränen sind kein Argument, jedenfalls nicht im Musikjournalismus, und dennoch liegt, auch wenn man sich nur diesen Konzertmitschnitt auf der DVD "Who put the ,M' in Manchester?" anschaut, derart viel Liebe in der Luft und Schönheit und Raserei, dass selbst notorische Morrissey-Hasser und solche, die sein Werk überhaupt nicht kennen, vor Glück heulend am Boden liegen.

"Everyday is like sunday", "There is a light that never goes out" - nie klang das so flamboyant und so zwingend wie an diesem Abend. Ein Dichter kehrt nach Hause zurück und fährt die reiche Ernte seines Lebens ein.

In Manchester lautet sein Spitzname "fucking bastard". Morrissey ist einer der besten fucking bastards, die wir haben.

Morrissey: Who Put the ,M' in Manchester? (DVD, Attack/Sanctuary)

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