Netzdepeschen (24):Blogger im Clinch

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Bekannte deutsche Blogger kritisieren ihre Szene und benennen "sieben Spaßbremsen". Prominente Spaßvögel wie Anke Engelke und Christoph Maria Herbst wiederum werben für Blogs.

Johannes Boie

Die wenigen deutschen Blogs, die über ihre eigene Szene hinaus wahrgenommenen werden, befinden sich auf einem langen Weg der Professionalisierung. Während es den Machern des Bildblogs, den Journalisten Christoph Schultheis und Stefan Niggemeier, unlängst gelungen ist, einen grandiosen Werbespot für ihre Seite mit Anke Engelke und Christoph Maria Herbst zu produzieren, wurde ein anderes ambitioniertes Projekt in der Blog-Welt eingestellt. Der Kölner Programmierer Dirk Olbertz schließt seine Seite Blogscout. Die Umsetzung seiner Idee einen "Wegweiser durch die Blogosphäre" zu schaffen, habe seinen eigenen Ansprüchen "nicht im Ansatz" gerecht werden können, erklärte Olbertz. Er übt starke Kritik an Bloggern, die durch massenhafte gegenseitige Verlinkungen höhere Relevanz für ihre Blogs in der von ihm erstellten Statistik bewirken wollten. "Ich möchten den Blogbetreibern, die meinen, dass Quantität Qualität aussticht (...) keine Unterstützung bieten."

Geben für den Bildblog ein prima Paar ab: Christoph Maria Herbst und Anke Engelke. (Foto: Foto: http://de.sevenload.com/videos/)

Dieses Verhalten nervt auch den Ingolstädter Blogger Rainer Meyer, der unter dem Pseudonym Don Alphonso viel Gehör bei anderen Netzautoren findet. Auf der Seite blogbar hat er eine Liste von " Sieben Spaßbremsen" erstellt, die seiner Meinung nach die deutsche Bloglandschaft trüben: darunter fallen neben anderen PR-Blogs, Funblogs voller "Schmutz und Schund", rechtsextreme Veröffentlichungen und eben auch die von Olbertz kritisierte Gruppe der "Linkorgienveranstalter". Die Anzahl der Verlinkungen kann zum Beispiel bei Google-Suchanfragen zu einer höheren Positionierung der jeweiligen Seite führen. Dieser "Rank" ist wichtig, wenn der Seiteninhaber mit Werbung Geld verdienen möchte.

Viel Echo im Netz fand auch eine Abrechnung mit der Szene von dem Berliner Blogger Don Dahlmann, der nach eigener Aussage 250 deutsche Blogs abonniert hat und seit sechseinhalb Jahren in der Blogszene als Schreiber unterwegs ist. Trotzdem bemerkte Dahlmann erst jetzt, dass es in "vielen (Blogs) zugeht wie am Reklamationsschalter eines schwäbischen Möbelhauses." Seine Konsequenz: mit dem Bloggen erstmal eine Pause einlegen. Damit bestätigte Dahlmann in seinem Text eine These eines Artikels aus dieser Zeitung, der in den letzten Wochen für viel Unmut in der Blog-Szene sorgt: die deutsche Blog-Szene liege in dauerhaften Clinch und deutsche Blogger blieben im Vergleich zu ihren amerikanischen Kollegen zurück.

Solche Kritik wurde von vielen Bloggern als ungerechtfertigt empfunden. Bildblog-Mann Stefan Niggemeier veröffentlichte dazu einen offenen Brief im Netz: " In der SZ nichts Neues." Niggemeier, dessen Bildblog eine Gegenöffentlichkeit zur Bild-Zeitung schafft, bezweifelte unter anderem die Behauptung, dass Blogger eine "Alternative zu etablierten Medien werden wollen."

© SZ vom 3.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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