Netz-Depeschen (81):Immer auf die Großen

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Google unter Beschuss: Die neue US-Regierung überlegt, das Monopol des Online-Giganten zu zerschlagen - kreative Netzunternehmer werden gesucht.

Niklas Hofmann

In einer Zeit, in der eben noch ganz marktliberalen Politikern einstige Tabu-Begriffe wie "Verstaatlichung" und "Enteignung" locker über die Lippen gehen, ergibt sich auch für das dominierende Firmenkonglomerat des Internets eine neue Lage. Staatliche Überlebenshilfe braucht Google zwar nicht, aber der Suchmaschinengigant muss sich mit der Perspektive auseinandersetzen, dass es die Regierung Obama sehr ernst meinen könnte mit dem Kampf gegen Monopole - auch in der digitalen Welt. Google-Chef Eric Schmidt versteht sich zwar persönlich gut mit dem neuen Präsidenten, nicht ganz so ungetrübt dürfte aber sein Verhältnis zu Christine Varney werden, der Frau, der Barack Obama die Anti-Trust-Abteilung im US-Justizministerium anvertrauen will.

Zerschlagung nicht ausgeschlossen: Eine Kartellklage gegen Google gibt es schon. (Foto: Foto: afp)

Sie wäre dann die oberste Kartellwächterin der USA. Als auf Internet-Recht spezialisierte Anwältin war Varney einst daran beteiligt, das Monopolverfahren gegen Microsoft in Gang zu bringen. Auf einer Konferenz im vergangenen Sommer, darüber berichtete nun der Wirtschaftsnachrichtendienst Bloomberg, äußerte sie sich freimütig: "Microsoft gehört ins letzte Jahrhundert. Die sind nicht das Problem."

Google dagegen halte schon jetzt ein Monopol auf dem Anzeigenmarkt, nun bestehe die Gefahr, dass es auch im Bereich der online-basierten Software eine marktbeherrschende Stellung erobere. Dann, so Varney könne sich Googles Marktmacht zu einem Hemmnis für die amerikanische Volkswirtschaft entwickeln. In den Zeiten der Rezession wohl ein sehr zugkräftiges Argument, falls die Regierung wirklich einmal den Hebel ansetzen wollte, um Google zu zerschlagen. Diese Vorstellung jedenfalls ventiliert der Technologie-Analyst Henry Blodget in seinem Blog "Silicon Alley Insider". Ganz so weit wird es so schnell nicht kommen, auch wenn Varney auf der Konferenz im Juni für eine entschlossene Anwendung der Kartellgesetze plädierte.

In der selben Woche, in der Varneys Haltung zu Google diskutiert wurde, reichte die kleine Firma " TradeComet", Betreiber einer spezialisierten Suchmaschine für Geschäftskunden, Kartellklage gegen Google ein. Der Konzern versuche sie als unerwünschten Konkurrenten mit überhöhten Anzeigenpreisen aus dem Markt zu drücken. Die Google wohlgesonnene Sarah Lacy vom IT-Blog "Techcrunch" hält die Argumentation von "TradeCom" zwar für mehr als wacklig, rät Google aber dennoch die Klage ernst zu nehmen, denn Christine Varney suche nur nach einem Zielobjekt. "Google im Fadenkreuz" ist Lacys Eintrag betitelt.

Auf ein offenes Internet als Wirtschaftsmotor setzt die Obama-Regierung übrigens nicht nur im Kartellrecht. Alle Regierungsdaten zum beschlossenen Konjunkturpaket sollen auf der Internetseite Recovery.gov frei zur Verfügung stehen - ein Akt der Transparenz, aber auch ein weiterer ökonomischer Impuls, wie die Online-Ausgabe des Magazins Portfolio erklärt. Wie die Freigabe des einst nur militärischen GPS-Signals durch Präsident Clinton die Entwicklung von Navigationssystemen angestoßen habe und Nasa-Satelliten den Erfolg von Google Earth ermöglicht hätten, sollten neue Generationen von Netzunternehmern ausloten, wie sich das ungeheure Datenmaterial ökonomisch kreativ verwerten lasse.

© SZ vom 23.2.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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