Nachrichten aus dem Netz:Swing im Netz

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Die Klänge des schwarzen Südens können auch hierzulande empfangen werden: mit Hilfe von Internet-Radiosendern.

Jonathan Fischer

Chittlins oder Chitterlings bezeichnen die für die schwarze Küche des Südens typischen Innereien: Mit Brot gestopft, und in Fett kross ausgebacken gilt das einstige Arme-Leute-Essen heute als Delikatesse.

Ähnlich geht es der Musik des sogenannten Chittlin' Circuit: Dem bodenständigem Soul, der in kleinen Studios zwischen Houston, Texas und Memphis, Tennessee produziert und lediglich von lokalen Radiostationen ausgestrahlt wird. Seine Stars trotzen allen Vorgaben des Mainstream und mischen das Erbe solcher Veteranen wie Al Green und ZZ Hill mit HipHop, Country, Reggae und billigem Keyboard-Funk auf.

Die Klänge des schwarzen Südens können auch hierzulande empfangen werden: Der Sender versteht sich als Plattform für Kleinlabels, die nicht genug Geld für echte Bläser und Streicher haben - und erst recht nicht, um die DJs der größeren Radiosender zu bestechen. Veteranen wie Theodis Ealey, Denise Lasalle und Millie Jackson sind neben jeder Menge Newcomer zu hören. Darüber hinaus bietet die Website Interviews und Klatsch aus dem Gesellschaftsleben des tiefen Südens.

Wenn Jackson als Hauptstadt des Südstaatensoul gilt, dann vor allem wegen eines starken lokalen Bluessenders. WMPR ( http://www.wmpr901.com/) verschafft einerseits nachrückenden Soulstars Gehör. Auf der anderen Seite begreift sich der Sender als verlängerter Arm der Bürgerrechtsbewegung der sechziger Jahre.

Der WMPR-Betreiber Charles Evers ist der Bruder des ermordeten Bürgerrechts-Aktivisten Medgar Evers. Und so diskutiert sein Sender zwischen Werbung für Blues Battles und Wahrsagerdiensten die wichtigsten Kontroversen Afroamerikas. ,,Auch wenn heute die großen Konzerne glauben'', sagt Evers, ,,uns unsere Kultur vorfertigen zu können: Unser Lebensgefühl werden die meisten Menschen außerhalb des Südens nicht verstehen. Es geht um die Erinnerung, woher wir kommen. Den Blues''.

Die typischen WMPR-Hits von Bobby Blue Bland und Co aber drehen sich um immer neue Varianten der einen alten Geschichte: Zwei Männer, eine Frau, schmutzige Wäsche. Ehebruch im Motel. Versöhnung in der Kirche. Jeden Sonntag gibt es frenetischen Gospel.

Noch weiter in den Süden - und in dessen Geschichte - dringt der in New Orleans beheimatete Sender WWOZ ( http://www.wwoz.org/) vor. Das Non-Profit-Radio ermöglicht mit seinen Liveübertragungen, dem Jazz & Heritage Festival (27.-29. April und 4.-6. Mai 2007) von Anfang bis Ende beizuwohnen, und sendet darüber hinaus rund um die Uhr eine von Laien kenntnisreich moderierte Mischung aus lokalem Jazz, Blues, Gospel, Cajun, Zydeco und karibischen Klängen: Von Dr. John bis Jelly Roll Morton, Aaron Neville bis zur Rebirth Brass Band.

Wie New Orleans nach Katrina swingt? Die dazugehörige Website diskutiert nicht nur Lokalpolitik, sondern liefert auch Hintergrundinformationen über heimische Musiker und Clubs.

© SZ vom 7.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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