Nachrichten aus dem Netz (40):Ich bin in Obama verknallt

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Ein Kriegsveteran als Dr. Strangelove, ein Mormone mit Hip-Hop-Slang: Die Vorwahlen sind ohne die satirischen Internet-Filmchen nicht mehr denkbar.

Niklas Hofmann

Wie rasant die Youtubisierung der Welt verlaufen ist, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass es die Firma Youtube beim letzten US-Präsidentschaftswahlkampf 2004 noch gar nicht gab. Die diesjährigen Vorwahlen sind ohne satirische Internet-Filmchen über die Kandidaten kaum denkbar.

"Verknallt in Obama": Das Obama-Girl auf Youtube (Foto: Foto: Screenshot)

Zwischen Parodie und Marketing ist oft nicht zu unterscheiden. Bestes Beispiel ist das sogenannte Obama Girl, das im vergangenen Juni bei Youtube auftauchte und bis heute mehr als 5,6 Millionen Mal angesehen wurde.

Das Video, in dem eine laszive Schönheit ,,I got a crush on Obama'' (Ich bin in Barack Obama verknallt) trällert, sah der demokratische Kandidat anfangs kritisch, weil es seine kleinen Töchter verstöre. Schnell wurde das Obama Girl jedoch für Journalisten zum Symbol für die Jugendlichkeit und den Erfolg der Obama-Kampagne. Das wiederum nehmen die Macher der Seite Barelypolitical.com, die das Obama Girl erfunden haben, jetzt in einem neuen Clip selbst aufs Korn.

Zum wichtigsten Vorwahltag, dem ,,Super Tuesday'', am kommenden Dienstag, tritt darin die Heldin Super Obama Girl auf, die Iowa, South Carolina und den Ted Kennedy für Obama erobert und nur von Hillary Clintons bösen Helfern ,,Status'' und ,,Quo'' aufgehalten werden kann. Der neue Film wurde innerhalb von nur zwei Tagen fast 1,6 Millionen Mal aufgerufen.

Der notorisch humorlose Mormone und republikanische Kandidat Mitt Romney dagegen verbreitet so viel unfreiwillige Komik, dass Witzbolden wenig Arbeit bleibt. In verschiedenen Varianten kursiert im Netz ein Videoclip, der zeigt, wie der stocksteife Republikaner sich im Straßenwahlkampf mit Hip-Hop-Slang bei jugendlichen Schwarzen anzubiedern versucht - mit dem zehn Jahre alten karibischen Party-Hit ,,Who let the dogs out?'' (Wer hat die Hunde rausgelassen?).

Härter angefasst wird der ebenfalls republikanische Senator John McCain. Der mit der Dokumentation ,,Outfoxed'' als politischer Aktivist bekannt gewordene Regisseur Robert Greenwald hat eine Rede des gelegentlich sehr martialisch auftretenden Vietnamkriegs-Veteranen McCain zusammengeschnitten mit Szenen des übergeschnappten Generals in Stanley Kubricks Kinofilm ,,Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben''. Es fügt sich erschreckend gut.

Die ganz harten Bandagen werden aber natürlich auch im Internet erst ausgepackt, wenn nach dem ,,Super Tuesday'' die endgültigen Kandidaten feststehen und der eigentliche Wahlkampf beginnt. Das nehmen auf der Seite ,,23/6'' schon mal die Clips der ,,Swift Kids for Truth'' vorweg. Sie erinnern an die ,,Swift Boat Veterans for Truth'', jene Schnellbootveteranen, die im Jahr 2004 dem damaligen demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry seinen Status als Vietnamkriegsheld absprachen. 2008 treten Kinder an ihre Stelle. ,,Barack Obama hat das amerikanische Volk belogen, als er sagte, er sei schwarz'', raunt da ein etwa zwölfjähriges Mädchen. Und fügt trotz strahlend weißem Teint überzeugt hinzu: ,,Ich muss es wissen, denn ich bin schwarz.''

© SZ vom 4.2.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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