Nach Kerner-Rauswurf:Herman bekommt Zuspruch von Rechts

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Der Eklat um Eva Herman wird immer absurder: Nach dem Rauswurf aus der Kerner-Talkshow wittern Rechtsextreme ihre Chance. Die Ex-Moderatorin wehrt sich jedoch gegen die Vereinnahmung.

Nach dem Eklat um NS-Vergleiche in der ZDF-Talkshow "Johannes B. Kerner" springen Rechtsextreme Eva Herman bei. In mehreren Erklärungen lobt die DVU die ehemalige "Tagesschau"-Sprecherin - und wollte unter dem Titel "Meinungsfreiheit für Eva Herman" an diesem Samstag in Hamburg sogar für sie demonstrieren.

Ex-Moderatorin und Buchautorin Eva Herman (Foto: Foto: AP)

Die Hamburger Bürgerschaft will das allerdings verhindern. Alle dort vertretenen Parteien haben für diesen Samstag eine gemeinsame Fraktionssitzung einberufen, um so die Demonstration der rechtsextremen DVU auf dem Rathausmarkt zu verhindern.

Hamburger Politiker: Kein Platz für Rattenfänger

Damit "machen wir deutlich, dass wir jede Art von politischem Extremismus ablehnen. Rattenfänger vom rechten und linken Rand dürfen in Hamburg keine Chance haben", erklärte CDU-Fraktionschef Bernd Reinert bereits am Mittwoch in der Hansestadt.

Ganz ähnlich äußerten sich auch SPD und GAL. Durch die Sitzung tritt die sogenannte Bannmeile in Kraft, welche Demonstrationen rings um das Rathaus verbietet.

Hamburgs Messechef Bernd Aufderheide dementierte die Angaben der rechtsextremen DVU, dass sie wegen des bereits gerichtlich bestätigten Demonstrationsverbots "zu einem späteren Zeitpunkt" in das Messezentrum CCH ausweichen würde. Es liege keine Buchung vor. Auch gebe es für die kommenden Monate keine Termine.

Auch Herman selbst wehrt sich juristisch gegen eine Vereinnahmung durch die DVU.

Angebot von Schill-Zögling

Vom rechten Rand des Parteienspektrums kommt derweil weiterer Zuspruch für die ehemalige NDR-Moderatorin. "Wenn Frau Herman für uns in die Hamburgische Bürgerschaft einziehen würde, müssten die Leute ihr zuhören", sagte der ehemalige Innensenator von der Schill-Partei und derzeitige Landesvorsitzende der Zentrumspartei, Dirk Nockemann, dem Online-Dienst Welt.de. Nockemann sagt, er habe bereits Kontakt zu Herman aufgenommen. Die Zentrumspartei ist eine konservative Splitterpartei.

"Ich würde mich außerordentlich freuen, mit Frau Herman zusammenzuarbeiten", sagte Nockemann weiter, "denn ich bin der Auffassung, dass sie vielen Bürgern aus dem Herzen spricht." Eine Sprecherin von Eva Herman sagte, sie wolle sich nicht öffentlich zu dem Angebot der Zentrumspartei äußern.

Experten sprechen von "Amoklauf gegen sich selbst"

Medienexperten werten den Auftritt von Herman in der ZDF-Talkshow "Johannes B. Kerner" unterdessen als Desaster.

Der Berliner Medienforscher Jo Groebel sieht darin einen "Amoklauf gegen sich selbst". Herman habe in der Talkshow die Gelegenheit gehabt, mit klaren Worten unglückliche Formulierungen über die NS-Zeit auszuräumen, sagte Groebel der hannoverschen Neuen Presse.

Er unterstelle Herman keine Sympathien für die Nazis. "Sie wirkt eher wie eine Mischung aus Märtyrerin und Missionarin, die sich selbstbewusst gegen eine vermeintliche Kampagne wendet und dabei völlig aus dem Auge verliert, dass Wörter sehr sensibel einzusetzen sind", sagte er. Groebel konstatiert einen "erschreckenden Mangel an Professionalität": Als Moderatorin müsse Herman um die Assoziationskraft von Wörtern und Bedeutungszusammenhängen wissen.

Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte der Berliner Geschichtsprofessor Wolfgang Wippermann, Herman habe in jedem Fall die Familienpolitik der Nationalsozialisten in einem positiven Zusammenhang dargestellt. Der Wissenschaftler, der selber in der Talksendung auftrat, kritisierte allerdings auch Moderator Kerner. Herman mit einem eher allgemeinen Zitat des Nazi-Ideologen Rosenberg kompromittieren zu wollen, sei methodisch schwach gewesen.

Eine Rückkehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung über Familienwerte forderte der Zentralrat der Juden in Deutschland. Krude Vergleiche mit einer angeblich "erfolgreichen Familienpolitik des NS-Regimes" seien aus der Diskussion herauszuhalten, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, der Netzeitung.

Familiäre Grundwerte habe es bereits lange vor dem Nationalsozialismus gegeben. "Sie finden einen Ursprung in der christlichen und jüdischen Religion und Philosophie, also dem jüdisch-christlichen Fundament unserer Gesellschaft und Werteordnung", sagte Kramer.

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