Musik und Vortrag:Bis zur Erschöpfung

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Eröffnung der Themenkonzerte der Bayerischen Staatsoper

Von MICHAEL STALLKNECHT, München

Es sei für ihn alljährlich eine Herausforderung, sagt Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, zu Beginn, in seinem Eröffnungsvortrag eine Brücke zu schlagen zwischen der Wissenschaft und der Kunst. Es ist die Herausforderung, der sich von der anderen Seite auch die Bayerische Staatsoper mit der wiederkehrenden Reihe der Themenkonzerte stellt: interessante Verbindungen zu finden zwischen musikalischen Werken und den Vorträgen aus den Reihen der Max-Planck-Institute, die dann auch noch zum jeweiligen Spielzeitmotto der Staatsoper passen müssen.

"Zeig mir deine Wunde" lautet das in dieser Saison, wozu man für die fünf Abende in den laufenden zwei Wochen unter anderem auch zwei Uraufführungen in Auftrag gegeben hat. Philipp Fabian Kölmels "BorderLine" und Konstantia Gourzis "Wunde I Wunder" dürften das Thema an den unterschiedlichen Spielorten ebenso sicher ausleuchten wie beispielsweise Joseph Haydns Klassiker "Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze".

Nicht so leicht dagegen tat man sich ausgerechnet in der Eröffnungsveranstaltung am Montag in der Münchner Generalverwaltung der Max-Planck-Gesellschaft. Dabei steht das Zeigen der Wunde fraglos im Zentrum von Caravaggios Gemälde "Ungläubiger Thomas", auf dem der titelgebende Apostel seinen Finger tief in die Seitenwunde seines Herrn bohrt. In ihrem glänzenden Vortrag dekonstruierte die Caravaggio-Expertin Sybille Ebert-Schifferer hier noch einmal die alte Legende vom agnostischen Rebellen Caravaggio.

Nur dass man sich fragen durfte, was denn ein sakrales italienisches Gemälde des frühen 17. Jahrhunderts zu tun hat mit französisch geprägter Kammermusik von Louis Vierne, Maurice Ravel und César Franck. Dabei musizierten der Geiger David Schultheiß, der Cellist Jakob Spahn und der Pianist Oliver Triendl sie fraglos brillant. Zumal Jakob Spahn demonstrierte die ganze Virtuosität eines Solocellisten des Bayerischen Staatsorchesters mit der h-Moll-Sonate op. 27 von Louis Vierne, die er mit leidenschaftlicher Verve zum Glühen brachte. Gemeinsam mit Schultheiß, Erster Konzertmeister beim Staatsorchester, lauschte er danach Ravels Sonate für Violine und Violoncello rhythmisch pointiert aus.

Dafür dürfte César Francks Klaviertrio op. 1,1 mit seinem imperialen Gestus und seinen brachialen Lautstärkeexzessen die meisten Zuhörer zur Erschöpfung getrieben haben, zumal der Abend damit eine deutliche Überlänge von mehr als drei Stunden erreichte. Vielleicht waren sie zu diesem Zeitpunkt längst erschöpft von den Überleitungen des Staatsoperndramaturgen Malte Krasting, der auch nicht wirklich erklären konnte, was diese Stücke denn nun mit dem Spielzeitmotto zu tun haben sollen.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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