Musik: Neues von Embrace:Lächelt doch mal

Lesezeit: 2 min

Zwei Jahre haben die Briten an ihrem vierten Album "Out of Nothing" getüftelt. Doch das beste Stück hat ein anderer geschrieben.

Von Sebastian Bräuer

Selten sind Musikvideos so authentisch und ehrlich wie der Clip zur Rockballade "Gravity". Fünf unauffällige Jungs stehen in einem unauffälligen Studio, machen ernste Gesichter und spielen ihren Song.

In finsterer Entschlossenheit aufs Wesentliche konzentriert: Embrace (Foto: N/A)

Als sich die emotionale Spannung des Stücks nach dem letzten Akkord löst, klatscht Sänger Danny McNamara ein paar Mal in die Hände. Das wars.

Ein bemerkenswerter Kontrast zu all den hektischen, aufgesexten Videos, in denen das Wesentliche in den Hintergrund rückt. It`s music, stupid.

Genau so ist Embrace. Die Musiker aus Bradford und Huddersfield poltern nicht durch die Schlagzeilen wie die Gallagher-Brüder, sie haben nicht die Kritiker-gewinnende Versponnenheit von Radioheads, sie würden niemals Skandals produzieren wie Robbie Williams.

Embrace liefert ein souveränes, ohrwurmverdächtiges Album nach dem nächsten, und kaum einer bemerkt es. Im Sommer 1997 landete ihr Debütalbum "The Good Will Out" auf Platz Eins der britischen Charts, doch die Musikwelt sprach damals nur von Oasis. Auch die beiden nächsten Embrace-Alben schafften es in die britischen Top Ten, aber auf der anderen Seite des Kanals nahmen davon nur Experten Notiz.

Und jetzt "Out of Nothing". Direkt nach Veröffentlichung Platz Eins in den britischen Album-Charts, schon nach einem Tag Gold-Status im Vereinigten Königreich. Am Nischendasein in anderen Ländern hat das nichts geändert.

Die Gitarren- und Piano-Balladen des vierten Embrace-Albums erinnern an die melodischeren Songs von Travis oder Coldplay, aber es ist doch ein ganz eigener Stil, den sich Embrace erarbeitet hat. Einfühlsam, manchmal schwermütig, voller Tiefe, aber eben nicht bahnbrechend.

Was man auf einen banalen Umstand zurückführen könnte: Der Stimme von Danny McNamara fehlt die Wärme. Er singt nicht so, dass der Zuhörer seine Emotionen wirklich fühlen könnte. Eine gute Entscheidung, das Album mit dem Song "Out of Nothing" und einem furiosen, mitreißenden Gitarrensolo zu beenden, bei dem nicht gesungen wird. Es gehört zu den stärksten Passagen der CD.

Neben der Single "Gravity" natürlich - doch selbst an dieser Stelle drängt eine andere Band in die Schlagzeilen. Der Song kommt von Coldplay-Sänger Chris Martin, er hat ihn seinem Freund McNamara geschenkt. "Als ich den Song schrieb, hatte ich das Gefühl, dass er sehr viel besser zu Embrace passe als zu uns. Also habe ich Danny gefragt, ob ihm der Track gefalle - und das war`s dann", sagt Martin.

Das Musikmagazin Persona non Grata findet harte Worte für die gönnerhafte Geste des Coldplay-Sängers: "Soll er mal - denn seine völlig überschätzte Langweilerband hat ihren Erfolg bestimmt zu großen Teilen den Vorreitern Embrace zu verdanken."

Mitschwimmen auf der Erfolgswelle

Das mag gar nicht ganz falsch sein. In der öffentlichten Wahrnehmung ist es freilich genau anders herum. Auch wenn Coldplay der Durchbruch erst 2000 gelang, scheint es eher als wolle Embrace auf deren Erfolgswelle mitschwimmen - einfach weil sie bei einer breiten Öffentlichkeit angekommen sind.

Dafür schuften die fünf Jungs, die auf dem CD-Cover einen verschwörerischen Kreis bilden und finstere Entschlossenheit demonstrieren. Für Embrace ist Musik harte Arbeit. Zwei Jahre lang tüftelten sie jeden Tag an musikalischen Ideen, bis sie im Januar 2003 mit 500 Songs und Halbsongs ins Studio gingen. Das Perfektionieren und Einspielen der Stücke dauerte drei Monate. "Es war die härteste Zeit meines Lebens", stöhnt McNamara.

Bei so viel Hingabe muss ein großes Album herauskommen. Jetzt möchte man den fünf unauffälligen Jungs nur noch ein wenig Leichtigkeit wünschen. Tanzt auf eurem nächsten Video doch mal zu eurer Musik! Oder lächelt wenigstens.

Embrace, Out of Nothing - (Independiente/London) - September 2004

1 Ashes 2 Gravity 3 Someday 4 Looking as you are 5 Wish ´em all away 6 Keeping 7 Spell it out 8 A Glorius 9 Near life 10 Out of Nothing

Konzerte in Deutschland

26.11. Hamburg, Grünspan 27.11. Düsseldorf, Zakk 28.11. München, Elser-Halle 29.11. Wien, Vienna Szene 01.12. Berlin, BKA-Luftschloss 02.12. Köln, prime club

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