Musik: Lea Finn:Können diese Augen lügen?

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Lea Finn macht gefühlige Pop-Musik. Und wird, wenn nichts dazwischen kommt, bald ein Star. Alles andere wäre unwahrscheinlich.

Philipp Mattheis

Der perfekte Star (weiblichen Geschlechts): Sie sieht gut aus. Ihre Songs können auf sämtlichen Radiostationen gespielt werden, ohne die Hörer zum Umschalten zu bringen. Sie ist sympathisch, weil sie so natürlich ist. Jungen Frauen ist sie ein Vorbild, weil sie eher introvertiert und gefühlvoll zu sein scheint und auch gepflegt aussieht.

Männer finden sie sexy und können in bewegenden Momenten sogar ihre Lieder mitsingen. Die Plattenfirma freut sich, weil der Star so gut mit der Presse kann und auch, weil er keine Drogen nimmt.

Lea Finn, eine Deutsche mit Engelshaar und Claudia-Schiffer-Wangen, entspricht diesen Standards und sieht auch in Wirklichkeit so gut aus wie auf ihren Pressefotos. Sie fragt, ob es störe, wenn sie rauche. Nein, das stört ganz und gar nicht.

Da sitzt sie nun, ist hübsch und raucht und wartet auf Fragen zu ihrer Person. Ein bisschen Indie sieht sie aus, aber nicht nach Second-Hand-Laden, mehr nach Second-Hand-Boutique. Locker wirkt sie, aber nicht kumpelhaft. Und dann ist sie auf eine Art und Weise unsicher, die man als unprätentiös interpretieren möchte.

"Um solche Sachen kümmer ich mich nicht"

Immer schon wollte sie Musikerin werden, spielte in letztklassigen Nirvana-Coverbands und trat vor 20 Leuten auf. Dann wurde sie entdeckt. Auf einmal fand sie sich vor 14.000 Menschen auf einer Bühne wieder und gehörte zur Vorgruppe von Sting. Das war 2002, damals sang Lea Finn noch auf Englisch.

Leider verkaufte sich ihre Platte "One Million Songs" nicht allzu gut. Wie schlecht wirklich, das weiß sie nicht, will es vielleicht auch nicht wissen. "Um solche Sachen kümmere ich mich nicht", sagt sie. "Das sollen die Jungs von der Plattenfirma machen."

Lea lächelt immer weiter und erzählt von dem, was folgte: Sie ging nach Schweden und machte sich auf die Suche nach sich selbst. So wie es junge Menschen Anfang 20 mitunter tun.

Und plötzlich kam ein Anruf von Major Label Sony BMG. Ob sie denn noch immer Musik mache. "Ja", sagte Lea. "Aber auf Deutsch".

Neben der Erkenntnis, dass "man immer versuchen solle, in der Gegenwart zu leben", war das Bekenntnis zur deutschen Muttersprache Ergebnis ihres Selbstfindungstrips in Skandinavien. Schön, dass man da nicht nur Elche und Bullerbü findet.

Sie legte ihr Germanistikstudium auf Eis und unterschrieb den Plattenvertrag. Zu aller Zufriedenheit. Denn mittlerweile rollte soetwas wie eine sanfte Deutsch-Pop-Welle durch die Radios.

Ende August erscheint dann auch die neue Platte. "FinnLand" soll sie heißen. Sie klingt nach Norah Jones und Carla Bruni.

Mit allem, was dazu gehört. Auch der Überdosis Säuselei und dem Eindruck, dass alle Lieder gleich klingen. Musik eben, die sich nach Kaminfeuer in einer skandinavischen Blockhütte anhört.

Lea Finn also ist, wie sich ein Major-Label einen Popstar mit Indie-Einschlag wünscht. Am Ende weiß man gar nicht mehr, wer jetzt zuerst da war: das Major-Label oder der Star. Aber es soll sie ja noch geben, diese seltenen Momente, wo alles perfekt zueinander passt. Wo nichts verstellt und unterdrückt, sondern alles echt ist.

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