Was hätten jene zwei lärmgeplagten Anwohner zur "Langen Nacht der Musik" gesagt, die am 21. Juni 1962 eine Ruhestörung anzeigten, weil fünf Halbstarke nach 22 Uhr an der Leopoldstraße Lieder spielten. Damals führte das zu den tagelangen Schwabinger Krawallen, bei denen sich die Polizei mit tausenden Freigeistern Straßenschlachten lieferte. Heute strömen Tausende zu 400 Konzerten in Kneipen, Theatern, Clubs, Restaurants, Kirchen und Instituten in einer "Langen Nacht der Musik", die längst feste Größe im Kulturkalender ist und die an Orten wie der Glamour-Kneipe Roy so lang werden kann, dass man schon eine große Kanne extrastarken Kaffee einpacken muss.
Derlei Massenaufläufe sind freilich nicht jedermanns Geschmack. Einzelgängern sei empfohlen, sich eine eigene Route abseits der vier offiziellen Bus-Touren zusammenzustellen, sich nicht mit den Massen aus den Shuttles oder der "Ois is blues"-Tram an den Stationen anspülen zu lassen, stattdessen lieber individuell zu verkehren. Wobei das An- und Abschließen eines Fahrrades vor 100 Spielstätten viel Zeit kostet, aber dennoch die beste Wahl ist - falls man keinen funktionierenden Hexenbesen zur Hand hat, was gerade in der Walpurgisnacht auf den 1. Mai das beste Fortbewegungsmittel wäre.
Um beim Gegen-den-Strom-schwimmen nicht ganz zu vereinsamen, sollte man wenigstens einen guten Freund mitnehmen. Sollte man partout keinen überreden können (es gibt so Lange-Nacht-Verweigerer), findet man rasch Anschluss bei den Tanzschnupperkursen in den vielen beteiligten Tanzschulen (Salza Y Corazon, Vintage Club, Tangozentrum, Bauchtanz-Club Sesame). Zusammen lärmt es sich einfach lauter - Megafon nicht vergessen! Wer mag, kann sich die ganze Geschichte der Schwabinger Krawalle beim Stadtrundgang (Leopold-/Feilitzschstraße; 21 Uhr) erzählen lassen unter dem Motto: "Macht's den Krach leiser!"
Lange Nacht der Musik , Samstag, 30. April, 20 Uhr, www.muenchner.de/musiknacht