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Javier Bardem spielt den legendären Drogengroßhändler Escobar. (Foto: Universum Film)

Penélope Cruz und Javier Bardem spielen in "Loving Pablo" die Fernsehmoderatorin Virginia Vallejo und den Drogenboss Pablo Escobar.

Von David Steinitz

Die Grundidee ist natürlich super. Da spielt eins der schillerndsten Glamourpaare der Gegenwart - die spanischen Eheleute Penélope Cruz und Javier Bardem - eins der berüchtigtsten Liebespaare der Achtzigerjahre: die TV-Moderatorin Virginia Vallejo und den Drogenboss Pablo Escobar.

So einen neuen Ansatz braucht es schließlich auch in der Flut an Escobar-Filmen und Serien, die in den vergangenen Jahren im Zuge einer allgemeinen Drogenkartell-Romantisierungswelle gedreht wurden. Der Puertoricaner Benicio del Toro spielte den kolumbianischen Kokainhändler in "Paradise Lost" (2014), der brasilianische Filmstar Wagner Moura spielte ihn in der Netflix-Serie "Narcos", der kolumbianische Schauspieler Andrés Parra spielte ihn in der Telenovela "El Patrón del Mal". Und dann spielte Escobar auch noch selber Escobar in einer ganzen Flut an Dokumentarfilmen mit Archivaufnahmen.

Deshalb beschloss der spanische Regisseur Fernando León de Aranoa, dass er für "Loving Pablo" einen neuen Weg gehen wollte. Formal hat er das mit der bislang wohl prominentesten Besetzung eines Escobar-Films gemacht. Javier Bardem und Penélope Cruz haben ja schon in mehreren Filmen gezeigt, dass sie auf der Leinwand gemeinsam gut funktionieren, zum Beispiel in "Vicky Christina Barcelona".

Inhaltlich hat Aranoa sich ebenfalls einen neuen Dreh ausgedacht. Die Geschichte wird diesmal nicht aus Escobars Perspektive geschildert, auch nicht mehr aus der Perspektive amerikanischer DEA-Agenten, die ihn jagen. Sondern aus der Sicht der Journalistin und Moderatorin Virginia Vallejo, die in ihrer kolumbianischen Heimat ein Fernsehstar und nationaler Liebling war und 1981 eine Affäre mit dem Drogenschmuggler anfing.

Wie sie Escobar bei einer Party auf seiner gigantischen Hacienda kennenlernte, wie sie von den Amerikanern ausspioniert und von Escobars Ehefrau gehasst wurde, darüber hat Vallejo, die mittlerweile 69 Jahre alt ist und in Miami lebt, 2007 ein Buch geschrieben. "Loving Pablo, Hating Escobar" wurde zum Bestseller und ist die Vorlage, auf die der Film sich hauptsächlich beruft. Leider entsteht aus dieser Entscheidung auch die künstlerische Misere dieses Projekts. Denn Vallejo war zwar lange die Geliebte des Multimilliardärs und Massenmörders Escobar; sie kennt aber als Teilzeitmätresse viele der wichtigsten Ereignisse in seinem Leben auch nur aus zweiter Hand. Deshalb bringt es dem Film keinen neuen Zugang, wenn er zum Beispiel Pablos Kandidatur fürs kolumbianische Parlament - ein perfider Schachzug, um seine Weste weißzuwaschen - aus ihrer Perspektive erzählt. Sie war an dieser Aktion auch nicht näher dran als andere.

Noch schlimmer ist aber die Entscheidung des Regisseurs, fast alle Ereignisse, die der Zuschauer durch seine Kamera sieht, mit Voice-over-Kommentaren zu versehen, die aus der Buchvorlage stammen. So sagt zum Beispiel Penélope Cruz als Virginia Vallejo: "Pablo stellte mich den Geschäftspartnern im Kartell vor" - während man sieht, wie er sie den Geschäftspartnern des Kartells vorstellt.

Oder sie sagt: "Er führte mich wie eine Trophäe vor" - während er sie wie eine Trophäe vorführt. Überhaupt ist die Sprache der Vorlage sehr nah dran an billiger Soap-Prosa wie dieser: "Wenn du schon wegen einem Mann heulen musst, dann doch lieber in einem Privatjet als in einem Bus."

Endgültig kaputt macht den Film aber die Tatsache, dass die sonst eher knisternde erotische Energie zwischen dem Liebespaar Bardem / Cruz als Escobar / Vallejo hier überhaupt nicht spürbar wird. Warum sie sich von diesem Mann angezogen fühlt und warum er ausgerechnet hinter ihr her ist - man wird daraus nicht schlau. Der Regisseur anscheinend auch nicht. Ab und an haben ein grunzender Escobar und die Journalistin Sex, was keinem von beiden so richtig Spaß zu machen scheint, es sieht eher nach Hausarbeitspflicht aus. Ansonsten spielt sie an ihren künstlichen Fingernägeln herum, und er klopft auf seinen Bierbauch, während sie einander nichts zu sagen haben. Aber um so etwas zu sehen, kann man ja auch einfach auf den Nachbarbalkon schauen.

Loving Pablo ist auf DVD und Blu-Ray erschienen sowie als Video on Demand erhältlich (Universum Film).

© SZ vom 17.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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