Liederabend:Vivaldi-Seligkeit

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Cecilia Bartoli begeistert im Prinzregententheater

Von Barbara Doll, München

Er ist noch lange nicht vorbei, der Vivaldi-Rausch, in den Cecilia Bartoli ihr Publikum schon vor 20 Jahren mit ihrer ersten Vivaldi-CD versetzt hat. Nein, sie befeuert den Rausch, die Strahlende, die Wunderbare, wenn sie im Prinzregententheater zusammen mit dem Originalklang-Ensemble "Les Musiciens du Prince" auftritt. Sie selbst hat dieses Orchester 2016 mit Unterstützung des Fürsten von Monaco gegründet und grandiose Musiker dafür gefunden, darunter den Barock-Violinisten Andrés Gabetta als Konzertmeister. Abenteuerlich rasant stürzen sie sich in Vivaldis "Frühling", der in der Natur nicht bunter und prächtiger sein könnte. Zum Vogelstimmen-Dialog betritt Bartoli die Bühne, ganz in Blau, freudig, königlich.

Für den Abend hat sie Vivaldis "Vier Jahreszeiten" dramaturgisch fein mit bekannten und unbekannteren Vivaldi-Arien verwoben. Gestochen scharf und mitreißend musiziert das Orchester unter Dirigent Gianluca Capuano, jeder Satz ist eine organische Bewegung. Mögen die Tempi noch so wahnwitzig sein, die Musiker scheinen sie aus dem Ärmel zu schütteln.

Der Wechsel der Jahreszeiten spiegelt sich im Wechsel der Stimmungen in den Arien. Rasende Eifersucht oder Liebesmeditation: Die Mezzosopranistin braucht nur die paar Sekunden des Orchestervorspiels, um sich wie ein Akku aufzuladen und emotional komplett zu verwandeln. Als Furie mit funkelnden Augen wird ihre Stimme fest und zornverbissen, bleibt dabei aber rund und wohlig warm timbriert. Großartig sind die Dialoge mit Oboe und Flöte, bei denen sich Stimme und Instrument in herrlichster Vivaldi-Seligkeit virtuos umspielen. Furiose Koloraturen feuert Bartoli mit der Arie "Ah fuggi rapido" hinaus, doch die höchste Stufe der Seligkeit bringt "Se mai senti spirar sul volto". Bartoli taucht mit so zarter, leichter, innig glühender Stimme darin ein, dass danach eigentlich nichts mehr kommen kann. Doch es kommt noch was: Rasender Applaus und vier Zugaben mitsamt Duell zwischen Stimme und Trompete.

© SZ vom 13.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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