Lesenswert:Erkenntnisse von A bis Z

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Der Wiener Severin Groebner bereicherte lange Zeit die Münchner Szene. Mittlerweile lebt er in Frankfurt und kommt nur noch zu Besuch. (Foto: Günther Reger)

Der Kabarettist Severin Groebner stellt sein "Lexikon der Nichtigkeiten" bei einer Lesung im Vereinsheim vor

Von Oliver Hochkeppel, München

Endlich kommt er mal wieder zurück, wenn auch nicht in einer der Rollen, die er früher hier bekleidet hat. War doch der Wiener Severin Groebner, bevor er der Liebe wegen nach Frankfurt zog, einige Jahre lang ein nicht wegzudenkender Fixstern der Münchner Kleinkunstszene. Eine regelrechte Allzweckwaffe, sprachlich, darstellerisch und musikalisch gleichermaßen talentiert, verstörend intelligent und hochgradig albern zugleich, ausdauernd quirlig und doch auch morbid-melancholisch, ein Meister des Soloprogramms wie der parodistischen Ensemble-Produktionen aller Art. Jetzt muss man sich mit einer Lesung im Vereinsheim begnügen, doch keine Bange, die wird bei Groebner unweigerlich zu einem vollwertigen kabarettistischen Auftritt geraten.

Zumal das Buch, das er vorstellt, keinem speziellen Thema gewidmet ist, sondern eine Sammlung von Texten, die der Autor seit Jahren für unterschiedliche Auftraggeber (ORF, BR, HR, Datum, taz, Wiener Zeitung oder sich selbst) produziert hat und nun in einem "Akt des künstlerischen und intellektuellen Stillstands wie auch aus der wirtschaftlichen Not heraus versucht, einer Zweitverwertung zuzuführen", wie Groebner selbst im Vorwort ("Ganz ehrlich: Wer braucht ein Vorwort? Niemand") schreibt. Dass er über die Jahre ganz schön produktiv war, sieht man schon daran, dass sich daraus ein komplettes "Lexikon der Nichtigkeiten" machen ließ, von A bis Z. Und dass sich so manche Preziose darunter befindet, kann man zum Beispiel daran erkennen, dass ein Text vor dem Österreichischen Presserat landete - "eine der höchsten Auszeichnungen, die das Land an einen Satiriker zu vergeben hat", wie Groebner findet. Freilich, nicht alles ist hier gleich Satire. Vieles sind auch nur Aphorismen, Kalauer oder einfach nur "Schmäh" bei dieser Reise von Abendland ("ein Depri-Vergnügungspark"), Alkohol ("ein Gesellschaftsspiel" mit inkludierter "Katharsis anhaltender tragischer eigener Reue, kurz KATER") und Angst (ein "Suchtgift") über Bayern (wenngleich Groebners Definition als buddhistische Einparteien- und Polizeistaatsgesellschaft gerade ein wenig ins Wanken gerät) oder schöne Stichwortfolgen wie FIFA, Flüchtling, Frauen bis zu Volk, Wahrheit, Weihnachten und Weltuntergang. Das dem Letzteren noch das Wienerische und die Zukunft folgt, liegt wohl weniger am Alphabet als an der Denkweise des Autors. In jedem Fall ist das Buch - man nehme die benachbarten Schlagworte Porno und Preisverleihung - eine lustvolle und gewinnbringende Angelegenheit

Severin Groebner: Lexikon der Nichtigkeiten , Satyr Verlag Berlin; Lesung am Freitag, 9. November, 19 Uhr, Vereinsheim, Occamstraße 8

© SZ vom 07.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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