Lakmé India Fashion Week:Maharadschas bieten Modezaren die Stirn

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"Kramt die alten Saris eurer Omas aus der Truhe und stutzt sie auf Kniehöhe", hatten indische Medien einheimische Modemacher vehöhnt. Doch der Spott ist ihnen vergangen: In Frankreich soll indische Couture bald zwischen Chanel und Dior hängen.

Von Gregor Schiegl

Diesmal hatte der Angriff auf dem Catwalk Erfolg: Die Kreativen vom Subkontinent haben die Modebastion Frankreich, im fünften Anlauf, gestürmt.

Indische Mode kann sich auch international sehen lassen. (Foto: Foto: Reuters)

Zwei große französische Kleiderketten sollen in Bombay bereits Bestellungen für indische Couture aufgegeben haben. Nachrichtenagenturen zitieren den Organisator Vinod Kaul der "Lakmé India Fashion Week 2005" mit den Worte, er könne sich "von Anfragen aus Frankreich kaum retten".

Mehr als 40 Mannequins haben auf der Schau in Delhi die Kollektionen von 67 indischen Designern gezeigt. Seit dem Jahr 2000 organisiert der staatliche "Fashion Design Council of India" die "Lakmé India Fashion Week", einen einwöchigen Großangriff auf die Geldbörsen großer Einkäufer. Besonders im Blick der Inder: die USA, Europa und der Nahe Osten.

Dreiviertel der Kleider, die auf der "Fashion Week" gezeigt wurden, sind Prêt-à-porter-Kreationen, das übrige Viertel ist Couture made in India. Die meisten Stücke sind exotisch und glamourös.

Mit Perlenbesatz und Pfauenfedern-Schmuck greifen die indischen Designer traditionelle Motive auf und variieren sie verspielt, die leuchtenden Farben nehmen Anleihe bei den traditionellen Saris. Aber mit einem Auge schielen die Kreativen unübersehbar nach Westen. Hier liegt der Absatzmarkt.

Die Reichen zählen, nicht die Schönen

Darüber täuschen auch die Bollywood-Diven nicht hinweg, die dem Spektakel unter großem medialen Tschingdarassabum ein Hauch von Glamour geben.

Die Hindustan Times reiht die lange Liste der Namen aller Starlets in ihren Berichten zwar ehrfürchtig auf, für die Veranstalter sind sie aber allenfalls schmückendes Beiwerk. Wichtig sind bei dieser Veranstaltung die Reichen aus dem Ausland, nicht die Schönen aus Indien.

Zum Beispiel die Franzosen: Es kursieren bereits Szenarien, in denen die Kostüme von Darshan Kumar oder Anamika Khanna bald in den Luxusboutiquen in Paris, Marseille und Bordeaux neben europäischen Nobelmarken wie Dior, Chanel oder Givenchy zu finden sein werden.

Das indische Fieber grassiert aber nicht nur in Frankreich: Auch Abgesandte der gehobenen Kaufhäuser "Saks Fifth Avenue" aus New York und "Harrods" aus London wurden auf der einwöchigen Modeschau gesichtet.

Die Nachrichtenagentur Indo-Asian News Service IANS zitiert den Mode-Direktor von Saks, Michael Fink, das letzte Mal habe er "nur schauen" wollen, nun wolle er auch ein paar Kreationen indischer Designer für seine Läden erwerben.

Der kuwaitische Großeinkäufer Salah Duaij Al-Sabah hatte bereits im vergangenen Jahr für eine halbe Million Dollar in Indien eingekauft. "Im Nahen Osten ist das Interesse an indischer Mode enorm," hat der Modescheich laut IANS festgestellt. "Wir denken, dass dieses Interesse an indischer Mode bald weltumspannend sein wird."

Retro-Stil im Vanilla Coke Design

Im letzten Jahr hatte der indische Online-Dienst info4india.com nichts als Hohn übrig gehabt für die Kreationen, mit denen die indischen Modeschöpfer bei der "Lakmé Fashion Week 2004" versuchten, international Fuß zu fassen. "Kramt die alten Saris eurer Omas aus der Truhe und stutzt sie auf Kniehöhe zu einem Überwurf, den man über einem langen Kleid tragen kann", hatten die Kritiker gespottet.

Indische Mode im 21. Jahrhundert, das seien Textil gewordene Reminiszenzen an die 70er-Jahre, lautete das vernichtende Urteil, ein bisschen kitschiger Retro-Stil, so wie sich die Vanilla Coke Werbung ihrer bediene. Die Hindustan Times sah das anders: Die indische Mode sei endlich "erwachsen" geworden.

Überwunden sind die chaotischen Zustände früherer Modewochen, bei denen die Schau erst Stunden später als angekündigt begann. Käufer und Presse bekamen diesmal reservierte Plätze - und mussten nicht mehr mit der dritten Garnitur von Bollywood-Sternchen um einen Stuhl mit unverstellter Sicht auf den Laufsteg kämpfen.

Doch die Revierkämpfe könnten eines Tages wieder ausbrechen. Dann nämlich, wenn die Bollywood-Stars eines Tages das internationale Format Hollywoods erreicht haben sollten.

Denn nicht nur indische Mode wird im Ausland immer populärer, auch der indische Film entwickelt sich zunehmend zu einem Exportschlager. Dann stehen eines Tages in der Videothek neban an auch die Filme mit Azmi Shabana und Zayed Khan neben denen von Tom Cruise und Julia Roberts.

Wenn die dann noch jemand kennt.

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