"Der nächste Song geht an die Band nebenan", verkündet Merchandise-Frontmann Carson Cox, nachdem dieser tolle, traurige Konzertabend in der Kranhalle mit dem Stück "Lonesome Sound" recht treffend eröffnet war. "Wir hoffen, dass wir irgendwann auch vor solch einem Riesenpublikum stehen dürfen", fügt er bissig an.
Die "Band nebenan", so viel zur Erklärung, hört auf den Namen Bukahara, kommt aus Köln, und zieht mit ihrer Melange zwischen Folk, Gypsy-Swing und Reggae offenbar derart viele Münchner an, dass die Schlange vor dem Hansa 39 kaum ein Ende finden will. Entsprechend bitter muss sich das anfühlen, wenn man sich als hochbegabte Band aus dem fernen Tampa, Florida, mit einer im besten Sinne stadion-tauglichen Musik nebenan in der Kranhalle vor einem Publikum wiederfindet, das sich mal eben durchzählen lässt.
Und doch tragen Merchandise ihr Schicksal mit Fassung. Mehr noch, sie spielen ein Set, so präzise vom Produktions-Größenwahn ihrer jüngsten Alben auf ihre Möglichkeiten als Live-Quartett heruntergebrochen, dass man es dem konzentriert croonenden Cox und dem expressiv seine Effekt-gefilterten Akkorde einstreuenden Lead-Gitarristen Dave Vassalotti gerne gleich tut und die Augen schließt, bis da nur noch die Musik ist. Eine Musik, die einen zwischen Fixpunkten wie The Smiths (der Gesang!), The Cure (der süße Gitarren-Hall!) oder The Jesus and Mary Chain (die "Wall of Sound"!) tief hinein führt in die Achtziger. Meist Richtung Wave, oft auch Richtung Shoegaze, immer aber dahin, wo dieses Pop-Jahrzehnt der Künstlichkeit am interessantesten klingt.
Schnell verkrümeln sich Merchandise am Ende ihres regulären Sets hinterm, nun ja, Merchandise-Stand, um sich dann durch ein paar Zurufe tatsächlich doch noch mal auf die Bühne locken zu lassen. "Become What You Are" heißt die unverhoffte Zugabe. Es sind zehn Minuten reines Retro-Glück, dargeboten für gut zwanzig Besucher.