Kurzkritik:Schön melancholisch

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Mathias Kellner mit "Zeitmaschin'" im Lustspielhaus

Von Petra Hallmayer, München

Eine Standuhr und eine Ömchen-Stehlampe schmücken die Bühne im rappelvollen Lustspielhaus. Dort entführt uns Mathias Kellner in die Vergangenheit mit Gschichterln, neuen Liedern und "Oldies von 2014". Damals hatte der Singer-Songwriter sein erstes Solo-Album "Hädidadiwari" präsentiert, das ihm eine begeisterte Fangemeinde bescherte. In "Zeitmaschin'" kehrt er nun zu seiner Kindheit und Jugend in Niederbayern zurück. Er erinnert sich an seine erste Beziehung, die aufgerundet zwei Stunden dauerte ("Wir ham uns relativ schnell auseinandergelebt."), sein erstes Auto, einen blauen Ford Fiesta mit roter Beifahrertür, bekannt als "Sigi, der fahrende Müllberg", und singt eine Ode an das ländliche "Bushäusl", eine ashramhafte Oase, in der "der ganze Krampf, der ganze Schmarrn" von einem abfällt.

Dabei klingt das Bayerische bei Kellner nie aufdringlich, sondern schmiegt sich wunderbar an die folkigen und poprockigen Melodien an. Die schönsten Lieder des Fans von Neil Young und Robert Palmer, dessen Hit "Johnny und Mary" er in sein Heimatidiom übertragen hat, sind von zarter Melancholie durchzogen, erzählen von schmerzlichen Sehnsüchten, traumverlorenen Stunden und ungenutzt verstreichenden Tagen, an denen man das Glück draußen vorbeigehen lässt.

Der Verletzlichkeit, die sich darin zeigt, tritt in den Zwischentexten der spaßige Schnurrenspinner Kellner gegenüber, der sich mit Vorliebe einem Klassiker niederbayerischer Erinnerungskultur widmet: dem Vollrausch. Kellner ist ein toller Erzähler, allein beim Blick zurück in die gute alte Zeit, als der Bernie hinter die Heizung gespien hat, die Nächte endlos und die Tage voll Schädelweh waren, verplaudert er sich manchmal. Weil er das Pathos des großen Finales nicht mag, singt er am Ende ein kleines Lied, das "ein bisserl scheiße ist". Das, erklärt er, wolle er auch in der Zeitung lesen. Tatsächlich jedoch ist sein "B 20"-Song saulustig. Genau der richtige Abschluss für solch einen Gute-Laune-Abend.

© SZ vom 29.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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