Kurzkritik Rock:Aus der Garage

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Laut und wild: "The Orwells" begeistern im Strom

Von Rieke Wiemann, München

Wer The Orwells je live gesehen hat, weiß, dass ihn neben verstaubtem Garagen-Sound vor allem eines erwartet: Ekstase. So ist es keine Überraschung, dass Sänger Mario Cuomo bei ihrem Konzert im Strom so tut, als würde er sich mit dem Mikrofonkabel strangulieren. Oder dem Publikum hämisch grinsend seine rotblonden Schamhaare zeigt, ehe er in den Moshpit springt, der sich nach nur wenigen Sekunden gebildet hat. Eine Rückwärtsrolle über die Box, und schon tänzelt das zierliche Energiebündel wieder über die Bühne, "I just let it burn" gröhlend.

Ja, so wie ihre schwedischen Vorbilder The Hives lebt auch die Indie-Rock-Band aus Chicago von den Eskapaden ihres Frontmannes. Der fährt sich während der 60 Minuten nicht nur gerne durchs schulterlange Lockenhaar und gibt mit seinem Hüftschwung an. Nein, am liebsten dreht Cuomo den kreischenden Teenies seinen Rücken zu, um ihnen dann in Zeitlupe den Allerwertesten entgegenzustrecken. "I'm not that old, but I'm getting pretty wise", singt er dabei. Alt zumindest ist der Mann, der eine silberfarbene Collegejacke und Röhrenjeans trägt, nicht − ebenso wenig wie die anderen Bandmitglieder. 2009 haben sich die fünf Jungs auf der Highschool kennengelernt und selbstgebrannte CDs an Klassenkameraden verkauft. Ihr sehnlichster Wunsch: so zu werden wie The Strokes oder The Black Lips. Und der Vorstadtidylle von Elmhurst zu entfliehen.

Heute, acht Jahre später, waren die halbwüchsigen Garagenrocker bereits mit den Arctic Monkeys auf Tour und zu Gast in David Lettermans Late-Night-Show. Nun kehren The Orwells nach zweieinhalbjähriger Pause mit neuem Klang und neuer Platte auf die Bühne zurück. Anders als ihre beiden Vorgänger verbindet "Terrible Human Beings" klassischen Garagen-Rock mit Elementen modernen Pops. Ob das gefällt? Dem Münchner Publikum definitiv. Das geht zu "They Put a Body in the Bayou" oder "Happy Soldier" nämlich genauso ab wie zu dem 2013 erschienenen Erfolgssong "Who Needs You".

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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