Die hohe Kunst des aktiven Zuhörens in der Improvisierten Musik wird an diesem Abend in der Glockenbachwerkstatt gleich zweimal beeindruckend vorgeführt. Zunächst als elektronische Musik, die Florian Anwander mit seinem Musikerkollektiv Ambiosonics als gemeinsames Werk aller Beteiligten entwickelt. Er selbst bedient dazu Synthesizer und Drumcomputer, zu deren Sounds Noel Riedel Klang-verfremdete Gitarrenfiguren spielt. Begleitet von Ralph Fischer, Bassist etwa auf dem Embryo-Album "Opal" (1970), der bei Ambiosonics nun mit seinen Fingern Sound-variierend über die Bildoberfläche seiner Kaossilatoren fährt.
Im Anschluss bieten Embryo unter der musikalischen Leitung von Marja Burchard ein Jazzrock-Konzert, das die Grenzen der hier vereinten Genres spannend aufhebt. Die Tochter des verstorbenen Band-Gründers wechselt im Lauf des Konzerts vom Vibrafon zum E-Piano, von der Orgel zur Posaune, vom Gesang zum Schlagzeug. Statt sich damit aber selbst in den Mittelpunkt zu spielen, bereitet sie mit ihren Vorgaben den anderen Musikern die Bühne, auf der diese nun mit Schlagzeug, E-Gitarre, Bass, Blech- und Holzbläser den Sound eindrucksvoll verändern. Wenn dazu noch der Gastmusiker Thomas Gundermann seiner altdeutschen Sackpfeife einen Klang abgewinnt, für den ein Jimi Hendrix sein Saitenspiel über einige Effektgeräte jagen musste, scheint auch die Grenze zwischen der eingangs präsentierten elektronischen Musik und der nun auf nahezu herkömmlichen Instrumenten gespielten zu verschwinden.
Wobei der Saxofonist Wolfi Schlick sein Instrument auch mal mit einem Wah-Wah manipuliert. Schließlich gesellt sich in der Zugabe noch Ralph Fischer mit seinem Bass zu Embryo, die nach allen musikalischen Grenzen nun auch die Zeitgrenzen negieren. Die frühen Siebzigerjahre aus Embryos Gründungsphase werden eins mit der Jetzt-Zeit der aktuellen Besetzung. Als würde die Ewigkeit in ihrer Musik mitschwingen.