Kunstraub:Feuer und Flamme für Munch

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Das angebliche Geständnis eines Kunsträubers entsetzt Norwegen: Danach sind die weltberühmten Munch-Gemälde "Der Schrei" und "Die Madonna", die vergangenes Jahr gestohlen wurden, verbrannt.

Von Stefan Koldehoff

Offiziell bestätigt niemand etwas in Oslo. Offiziell gibt es nach wie vor keinen Beweis dafür, dass einer der drei in den vergangenen Tagen verhafteten Männer tatsächlich am Raub der beiden Munch-Gemälde "Der Schrei" und "Madonna" im vergangenen August in Oslo beteiligt war. Die DNS-Spuren, die im Fluchtfahrzeug gesichert werden konnten, passen zu keinem von ihnen. Und offiziell weiß auch niemand bei der Osloer Polizei etwas davon, dass einer der drei zu Protokoll gegeben haben soll, die Bilder seien längst verbrannt worden. Einen entsprechenden internen Polizeibericht hatte allerdings die Boulevardzeitung Dagbladet zitiert. Danach sollen die Täter sich der Werke entledigt haben, um keine Spuren zu hinterlassen.

Die Gerüchten verstummen nicht, wonach Munchs berühmter "Schrei" nicht mehr existiert. (Foto: Foto: Reuters)

"So etwas ist der Osloer Polizei absolut unbekannt", sagt allerdings Ermittlungsleiter Iver Stensrud, "und wir sehen das Dagbladet" auch nicht als verlässliche Quelle an."

Die These, deren genaue Quellen auch das Dagbladet nicht offenlegt, würde allerdings zu einem Szenario passen, über das die norwegische Polizei bereits seit vier Wochen spekuliert.

Zentrale Figur in diesem Szenario ist David Aleksander Toska, in Norwegen lange Zeit einer der meistgesuchten Verbrecher des Landes. Der heute 29-Jährige stand bereits mehrfach vor Gericht - unter anderem wegen Einbruchdiebstahls und Drogendelikten. Vor allem aber galt David Aleksander Toska ein Jahr lang als der Drahtzieher hinter dem Raubüberfall am 5. April 2004 auf die Nokas-Bank im südnorwegischen Stavanger. Eine 19-köpfige Bande hatte damals nach dem Raub einen Polizisten erschossen. Toska geriet ins Visier der Fahnder, nachdem einige der Beteiligten an dem Banküberfall festgenommen werden konnten. Ihre Aussagen führten im vergangenen Sommer dazu, dass die Polizei den Ring um Toska immer enger zog.

Nur ein Ablenkungsmanöver

Zu diesem Zeitpunkt, so lautet nun die Theorie der Ermittler, habe Toska befreundete Kriminelle darum gebeten, die Polizei mit einer spektakulären Aktion von ihm abzulenken. So sei es am 22. August gegen elf Uhr vormittags zum ebenfalls bewaffneten Überfall auf das Munch-Museum gekommen.

Die Brutalität, mit der die beiden maskierten Täter eine Museumsmitarbeiterin mit einer Pistole bedrohten, deute auf Schwerkriminelle hin. Die Rücksichtslosigkeit, mit der sie die beiden Bilder von den Wänden rissen und dabei auch beschädigten, sei ein Beleg dafür, dass es niemals um die Kunstwerke selbst gegangen sei. Dazu passt auch der Umstand, dass es bislang keinen Versuch der Täter gegeben hat, ihre Beute zu versilbern oder ein Lösegeld für die Rückgabe zu erpressen.

Mysteriöser Geheimbericht

Bleibt die Frage, woher der angebliche Geheimbericht der Polizei dann stammt, aus dem das Dagbladet zitiert. In der Osloer Kriminellenszene tummeln sich inzwischen auch eine Reihe von Journalisten, die für eine gute Story - und vor allem für die erste über die Wiederauffindung des Nationalheiligtums "Der Schrei" - eine Menge zu tun bereit sind. Ihnen werden regelmäßig auch Dokumente zugespielt - häufig von Kriminellen, die ihre eigene Rolle in möglichst positivem Licht dargestellt wissen möchten, nachdem Toska Anfang April in Spanien verhaftet wurde und nun auf seine Auslieferung wartet.

Manchmal stammen die angeblich geheimen Informationen allerdings auch von der Polizei selbst - als Finte, um die tatsächlichen Munch-Diebe zu provozieren. Ob sie diesmal funktioniert hat, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.

© SZ vom 29.4. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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