Gerade, wenn man noch keine Bühnenerfahrung hat, ist eine offene Bühne die optimale Gelegenheit, sich vor Publikum auszuprobieren", sagt Alex Sebastian, ein Münchner Liedermacher, der seit elf Jahren den mittlerweile im Heppel und Ettlich angesiedelten International Songwriters Evening (ISE) moderiert. Das ist eine Open Stage-Veranstaltung, bei der sich am frühen Abend interessierte Musiker in eine Liste eintragen, um je zwei, drei Lieder vor Publikum vorzutragen. Entsprechend viele Musiker sitzen darum am ersten und dritten Montagabend im Publikum des Heppel und Ettlich und lauschen den Kollegen, derweil sie auf ihren eigenen Auftritt warten. Die anderen Zuschauer genießen zum freien Eintritt die Abwechslung eines nicht berechenbaren Programms. Etwaige musikalische Tiefschläge sind nach zwei Nummern schließlich überstanden. Wobei das Programm, das nicht nur unerfahrenen Anfängern eine Plattform ist, sondern auch älteren Stammgästen, überraschend viele Höhepunkte kredenzt.
Zum Beispiel die obertonreiche Neuinterpretation von "Pana Cánd Nu Te Iubeam" (Als ich dich nicht liebte) der rumänischen Gesangslegende Maria Tănase, die der Münchner Gitarristin Alma Honal mit Hilfe der rumänischen Sängerin Luciana Oprea und der rumänischen Violinistin Christina Paun an einem solchen Abend gelingt. Eine derartig überragende Darbietung öffnet die Tür in andere Sphären und lässt die missgestimmten Gitarren der Vorgänger sofort vergessen. Doch Alex Sebastian liebt auch die missgestimmten Gitarren: "In anderen Shows wird uns so viel Perfektion vorgegaukelt. Wer da aber mal genauer hinhorcht, entdeckt auch dort Fehler. Nur dass die besser überspielt werden", sagt er, der selbst seine ersten öffentlichen Auftritte am Klavier auf dem ISE wagte.
Vor zwanzig Jahren wurde dieser von Musikern wie dem Jazzgitarristen Marco Vecchioni aus einem Musikerstammtisch in der kurdischen Kneipe Robinson entwickelt. Als die Kneipe Jahre später schloss, begab sich die Veranstaltung auf Reisen. Kurz weilte sie in einem Lokal namens Stadtgespräch, dann zog sie in Leon´s Irish Pub. Sodann fand der Liedermacherabend eine Heimat in der Piazza Linda, und schließlich im Theater Heppel und Ettlich, mit dem die Veranstaltung auch übers Drugstore zog.
"Jedes Mal, wenn wir ein neues Lokal suchen mussten, veränderte sich der Abend. Wir waren sechs Jahre im Robinson, da funktionierte alles rein akustisch. In Leon´s Irish Pub gab es schon eine Anlage. Bei der Linda Jo Rizzo, also in der Piazza Linda, war die Bühne ins Lokal integriert. Da konnte ich die Show samt Technik alleine handhaben. Im Heppel und Ettlich braucht es dagegen eine Bühnentechnik samt Mischpult, so dass hier drei Menschen nötig sind, um die Veranstaltung zu stemmen", sagt Vecchioni, der darüber hinaus im Fresh Bagels and Muffins in der Barer Straße 72 jeden ersten und dritten Freitag eine weitere offene Bühne für interessierte Musiker bietet. Ab und an findet dort auch ein sogenannter Songwriter Circle statt, wo Liedermacher sich gegenseitig ihre noch unfertigen Stücke vorspielen, um gemeinsam daran zu feilen. "Oft hat man da ja eine Idee und weiß aber noch nicht so recht, worauf das hinaus laufen soll", sagt Alex Sebastian, auf dessen monatlichem Song-Slam in der Drehleier, Rosenheimer Str. 123 (das nächste Mal am Donnerstag, den 8. Oktober) man wiederum die fertigen Songs in einem Wettbewerb behaupten kann.
Jene Veranstaltungen nur als Sprungbrett für Musiker zu begreifen, die sich noch etablieren müssen, verkennt den eigenen Charme solcher Reihen, die ohne Stars auskommen, weil im Rampenlicht des International Songwriters Evening und seiner Mitstreiter die Liebe zur Musik selbst steht.
International Songwriters Evening , Mo., 21. Sep., Liste ab 19 Uhr geöffnet, Heppel und Ettlich, Feilitzschstr. 12