Kulturfest:Die Vielfalt leben

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Bombino ist einer der aktuell erfolgreichsten Vertreter des Tuareg-Rock. (Foto: Alice Durigatt)

Seit 1650 wird das Augsburger Hohe Friedensfest gefeiert - in Zeiten der Populisten und Demagogen ist die Botschaft der Toleranz und Zivilcourage hochaktuell

Von Karen Bauer

Der Anlass scheint im ersten Moment überholt: Katholiken und Protestanten leben heute friedlich neben- und miteinander. Warum also feiert Augsburg die Gleichstellung von Protestanten mit der römisch-katholischen Kirche im Jahre 1650 in diesem Jahr mit einem dreiwöchigen Kultur-Festival? "Religiöse Konflikte sind heute wie damals aktuell", sagt die Leiterin des Augsburger Friedensbüros, Christiane Lembert-Dobler. 366 Jahre nach dem Westfälischen Frieden wolle man Frieden nicht mehr auf Religion reduzieren, sondern auch im kulturellen und politischen Sinne begreifen. Mit dem Festprogramm setzt die "Friedensstadt" Augsburg ein Statement: gegen Rassismus und Diskriminierung, für Vielfalt und Toleranz.

Den Auftakt für das Kulturprogramm zum Augsburger Hohen Friedensfest macht am 14. Juli eine Diskussion mit der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders. Im Anschluss spielt die Band Adirjam. Adir Jan Tekîn ist gebürtiger Kreuzberger mit kurdischen Wurzeln. In seiner queren Art-Rock-Band spielt er die orientalische Langhalslaute und singt dazu Texte über schwule Liebe.

Bis zum 8. August laden mehr als 60 Ausstellungen, Performances, Konzerte und Diskussionen die Besucher zum Zuschauen und Mitmachen ein. Motto des Augsburger Hohen Friedensfestes ist in diesem Jahr "Mut". "Wir wollten der German Angst etwas entgegensetzen", sagt Lembert-Dobler. AfD und Pegida schürten Ängste, wie die vor der sogenannten Islamisierung des Abendlandes oder einer übermächtigen EU - und seien damit zunehmend erfolgreich. Man wolle den Mut nicht denen überlassen, die Mut zu Vorurteilen, Abgrenzung und Diskriminierung propagieren. So appelliert das Programm auch an die Courage der Besucher: Der Workshop "Sieh nicht weg!" ermuntert die Teilnehmer in Gefahrsituationen einzuschreiten und gibt ihnen praktische Tipps an die Hand. Beim "Speeddating mit Courage" können mutige Teilnehmer Adlige, Ex-Häftlinge, Obdachlose und trockene Alkoholiker kennenlernen. Das Kaffeekränzchen ohne Licht gibt Besuchern Gelegenheit, sich in den Alltag von Blinden und Sehbehinderten einzufühlen. In der Performance "Getrennt - Vereint" tanzen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Modern Dance und Hip-Hop. Das Augsburger Hohe Friedensfest bereitet so eine Bühne für Menschen, die sonst oft am Rand der Gesellschaft stehen. Ein musikalischer Höhepunkt ist das Konzert von Bombino am 30. Juli. Der Sänger und Gitarrist Omara Bombino Moctar reichert die Rhythmen und Melodien der Tuareg mit Rock, Psychedelic und Blues an.

Neu ist in diesem Jahr die Festival-Zentrale "Taubenschlag" am Moritzplatz: Hier finden Besucher Info-Material. Künstler, die auftreten möchten, können auch noch kurzfristig eigene Veranstaltungen anbieten. Mit diesem Programm ist das Augsburger Hohe Friedensfest auch 2016 aktuell.

Hohes Friedensfest, Donnerstag, 14. Juli, bis Montag, 8. August, Augsburg, Informationen unter www.augsburg.de

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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