Kritik:Lässig distanziert

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Soul-Sängerin Deva Mahal in der Münchner Unterfahrt

Von Ralf Dombrowski, München

"Deep" ist eine derzeit beliebte Vokabel. Manche verwenden sie in Kombination mit künstlicher vermeintlicher Intelligenz, andere verknüpfen sie mit quasi vergessenen Jazz-Nebenwegen der Siebziger, und zuweilen fungiert sie auch als Attribut für die Pop-Spielart Soul. Was früher authentisch war, geht jetzt eben in die Tiefe, und passenderweise kann man mit der Etikettierung bereits eine Reihe junger Künstler und Künstlerinnen verknüpfen. Erykah Badu zum Beispiel ist schon seit längerem eine davon, Curtis Harding ein männliches Pendant, und im weiteren Umfeld des verhaltenen Trends findet sich auch Deva Mahal wieder.

Als Tochter des stilistisch schrulligen Exotic-Blues-Barden Taj Mahal ist sie mit Musik ernährt worden und hat nun selbst den Weg auf die Bühne gefunden. Und sie präsentiert in der Unterfahrt einiges, was man sich im Umfeld des "Deep Soul" wünscht. Ihre Songs fließen im Mit-Tempo dahin, vermeiden kontrastreiche Dynamikschwankungen, bestehen dafür aber auf auffälliger Akzentuierung slow groovender Rhythmuselemente, etwa in der Doppelung von Bass- und Drums-Schlägen oder markanten Stopps und überraschenden Fehlschlüssen im Arrangement. Ihre vier Musiker agieren dabei effektvoll zielgerichtet, vermeiden übermäßige Solistik, und wenn sie, wie der Gitarrist Ashton Sellars, doch mal einen eigenen Kreativpart zugewiesen bekommen, bleiben sie überwiegend bei der Gestaltung von arpeggierenden und mit Stimmungen harmonierenden Texturen.

Will heißen: Deva Mahal hat ein im Prinzip kuscheliges, aber zugleich hipstertauglich distanziertes Klangbett, in das sie ihre Stimme gleiten lassen kann. Sie phrasiert souverän aus der Tradition heraus, kennt die zeitgenössische Lässigkeit der Kolleginnen, aber auch die gospelgetönte Expressivität einer Aretha Franklin, an die sie in den Stimmfiguren gerne anknüpft, ohne sich jedoch deren Unmittelbarkeit zu nähern. So wirkt Deva Mahals Musik vor allem soulig professionell. Das Innere erreicht sie nicht.

© SZ vom 25.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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