Konzertreihe:Baltische Musikalität

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Werke dreier lettischer Komponisten und von Johann Sebastian Bach spielte Iveta Apkalna beim ersten Konzert des Orgelherbstes in der Michaelskirche. (Foto: Juris Zigelis)

Die Titularorganistin der Elbphilharmonie, Iveta Apkalna, eröffnet den Münchner Orgelherbst

Von Klaus P. Richter, München

Peter Kofler hat es wieder geschafft zum "Orgelherbst" in seiner Michaelskirche die Creme der Orgelstars zu bekommen: von Iveta Apkalna über den Finnen Kalevi Kiviniemi bis hin zum legendären Altmeister aus Frankreich, Jean Guillou. Es ist auch ein Jubiläum, denn seit mittlerweile zehn Jahren gibt es die Reihe, die sich in der Wagnerstadt München als Highlight konzertanter Orgelkünste etabliert hat. Gleich das Eröffnungskonzert setzte Maßstäbe mit der Titularorganistin der Hamburger Elbphilharmonie, Iveta Apkalna. Die charismatische, aus Lettland stammende Organistin, die seit 2006 in Deutschland lebt, präsentierte in der Jesuitenkirche Sankt Michael ein ungewöhnliches Programm mit zeitgenössischen Komponisten ihrer Heimat und einem großen Bach dazwischen.

Im Gespräch erklärt sie, dass für sie der Unterschied zwischen Bach und der romantischen Orgelmusik viel größer sei, als der zwischen dem Thomaskantor und zeitgenössischer Musik. Dementsprechend spielt sie viel Zeitgenössisches: Die mondäne Klais-Orgel der Elbphilharmonie hat sie mit Rihm und Gubaidulina eingeweiht. Jetzt wollte sie an der Rieger-Orgel der Michaelskirche den ganz eigenen Tonfall baltischer Urmusikalität auftönen lassen, wie sie seit jeher in einer großartigen Chortradition Ausdruck fand. Das "Lied der Wellen" von Jāzeps Vitols, die "Fantasia" von Ēriks Ešenvalds, die der Iveta Apklana gewidmet hat, und die "Meditation" von Lūcija Garūta als Finale vermittelten es eindrucksvoll. Weil das erste die Transkription eines Klavierwerks ist, dachte man an die wichtige Rolle, die für Apkalna, geboren in einer kleinen lettischen Stadt, ihre Klavierlehrerin gespielt hat. "Elf Jahre hat sie mich betreut, seit ich mit fünf Jahren am Klavier begann", bis sie dann die legendäre Walcker-Orgel im Dom zu Riga spielte - damals die größte Orgel weltweit -, um danach weiter in London und Stuttgart zu studieren. "Aber meine tiefsten Eindrücke verdanke ich dem Musizieren mit Claudio Abbado in Berlin" bekennt sie emphatisch.

Auf einen bestimmten Orgeltyp ist Iveta Apkalna nicht festgelegt, "gerade die Unterschiede sind interessant, es ist immer wie ein neuer Theaterabend", sagt sie. Das illustriert sie, sieht man sie (dank der famosen Bildschirm-Übertragung), wenn sie ihr Virtuosenbrio im großen Pedalsolo von Bachs Toccata, Adagio und Fuge C-Dur (BWV 564) mit souveräner Grandezza vorführt - in High Heels mit Plateau-Absätzen. Die ganze Pleno-Wucht der Orgel entfesselt sie schließlich bei "Le Remerciement" von Andris Dzenītis in seinem komplexen, Messiaen-inspirierten Idiom. Es war ein Glücksfall, sie zu erleben, denn sie ist schon auf dem Sprung nach Taiwan, wo sie eine neue Klais-Orgel einweihen wird und bald geht sie auf Tournee, im März auch mit den BR-Symphonikern unter Mariss Jansons und mit Werken von Poulenc und Saint-Saëns, von München über Wien, Budapest, Paris nach Amsterdam.

Der "Orgelherbst" aber hat noch sechs Konzerte in petto, mit Peter Kofler (12. Oktober), zwei Nachtmusiken mit exquisiter Gamben- und Flötenmusik in der Kreuzkapelle und Solokantaten von Bach (14. Oktober), bevor die Orgel mit Kiviniemi (19. Oktober) und Guillou (21. Oktober) die Reihe beschließt.

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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